Cannabiskonsum erhöht Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Cannabiskonsum erhöht Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Eine aktuelle Studie aus den USA zeigt ein deutlich erhöhtes Risiko für Myokardinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz und Gesamtmortalität bei jungen, gesunden Erwachsenen, die Cannabis konsumierten.
Durch die weltweiten Gesetzesänderungen der letzten drei Jahrzehnte sind die Verfügbarkeit und der Konsum von Cannabis gestiegen. Cannabinoiden wird ein therapeutisches Potenzial für viele Krankheiten nachgesagt, z.B. zur Schmerzlinderung und Sedierung. Sie können jedoch erhebliche kardiovaskuläre Nebenwirkungen verursachen, die den potenziellen Nutzen zunichtemachen würden. Hinzu kommt, dass der gemeinsame Konsum von Cannabis und Tabak synergistische negative Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Gesundheit und das Suchtpotenzial hat [1]. Außerdem stellen synthetische Cannabinoide aufgrund ihrer starken Toxizität und ihrer kardiovaskulären Auswirkungen ein neues Problem für die öffentliche Gesundheit dar [1]. Der Zusammenhang zwischen Cannabinoiden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der bisher nur in präklinischen Studien, Fallberichten und Fallserien nachgewiesen werden konnte, wird nun auch in epidemiologischen Studien deutlich. Cannabinoide wirken sich nachteilig auf das Herz-Kreislauf-System aus [1, 2].
So zeigt eine aktuelle retrospektiven Kohortenstudie aus den USA [2] zum Beispiel, dass der Konsum von Cannabis bei Personen ohne signifikante kardiovaskuläre Morbidität, die jünger als 50 Jahre sind, ein sechsfach erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt (MI), ein vierfach erhöhtes Risiko für einen ischämischen Schlaganfall, ein zweifach erhöhtes Risiko für eine Herzinsuffizienz und ein dreifach erhöhtes Risiko für einen kardiovaskulären Tod hat. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Cannabis ein unterschätzter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist.
In der retrospektiven Kohortenstudie wurden über das TriNetX-Netzwerk, einem globalen Gesundheitsforschungsnetzwerk, das Zugang zu elektronischen Krankenakten bietet, Daten von 53 US-amerikanischen Gesundheitseinrichtungen ausgewertet. Eingeschlossen wurden über 4,6 Millionen Erwachsene ≤ 50 Jahre in den USA (Beobachtungszeitraum: 2010–2018), die keine bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren wie Hypertonie, Diabetes oder HbA1c >7, Hyperlipidämie oder LDL >100 mg/dL, koronare Herzkrankheit einschließlich vorbestehenden Myokardinfarkten oder Nikotinkonsum aufwiesen.
Von insgesamt 4.636.628 Personen, die in die Analyse einbezogen wurden, waren 93.267 (2,01 %) Cannabiskonsumenten. Sie waren älter als Nichtkonsumenten (26 vs. 21 Jahre), hatten mehr Begleiterkrankungen, darunter eine fast 15-fach höhere Prävalenz depressiver Episoden (30,63 % vs. 1,88 %), und wiesen häufiger einen BMI >30 auf (18,72 % vs. 3,25 %). Um Störfaktoren zu minimieren, erfolgte ein Propensity-Score-Matching anhand klinisch relevanter Kovariablen wie Alter, Geschlecht, Ethnie, Nierenerkrankung, depressive Episoden, familiäre Vorbelastung mit ischämischer Herzkrankheit, Schwangerschaft, Krebserkrankungen, Kreatinin, LDL-C, HbA1c, BMI und systolischer Blutdruck. Nach diesem Matching umfasste jede Gruppe 89.776 Patient*innen mit ausgewogenen demografischen Merkmalen und gesundheitlichen Ausgangsdaten. Die mittlere Nachbeobachtungszeit für Cannabiskonsument*innen betrug 35,7 Monate und für Nichtkonsument*innen 44,2 Monate.
Primärer Endpunkt war das Auftreten eines Myokardinfarkts. Sekundäre Endpunkte waren schwerwiegende unerwünschte kardiale Ereignisse, Herzinsuffizienz, Schlaganfall und Gesamtmortalität.
Im Ergebnis zeigte sich eine deutliche Risikozunahme in allen Endpunkten. So war beispielsweise das Risiko für einen Myokardinfarkt bei Cannabis-Konsumierenden über 6-mal höher als bei Nicht-Konsumierenden (RR: 6,19; 95%KI[4,89;7,82]). Auch das Hazard Ratio aus der Kaplan-Meier-Analyse bestätigte diesen Zusammenhang mit einem HR von 7,57.
Bei Cannabiskonsumenten im Vergleich zu Nichtkonsumenten betrug das absolute Risiko für einen ischämischen Schlaganfall 0,405 % bzw. 0,094 %, für schwerwiegende unerwünschte klinische Ereignisse 1,187 % bzw. 0,366 %, für Herzinsuffizienz 0,861 % bzw. 0,424 % und für die Gesamtmortalität 1,262 % bzw. 0,841 %.
Cannabiskonsum ein erhebliches Risiko für Herz-Erkrankungen
Die Autoren schreiben, dass der Cannabiskonsum offenbar ein erhebliches und unabhängiges Risiko für diese Ergebnisse darstellt, selbst in einer Population ohne traditionelle kardiovaskuläre Risikofaktoren.Als mögliche Ursachen nennen die Forschenden endotheliale Dysfunktion, Freisetzung proinflammatorischer Zytokine und oxidativen Stress, was zu koronarer Gefäßdysfunktion und Plaquedestabilisierung führen könne.
Originalpublikationen
Chandy M, Jimenez-Tellez N, Wu JC. The relationship between cannabis and cardiovascular disease: clearing the haze. Nat Rev Cardiol 2025; 22: 467–481 Kamel I, Mahmoud A, Twayana A. et al. Myocardial infarction and cardiovascular risks associated with cannabis use: A multicenter retrospective study. JACC Adv. Published online March 18, 2025.