Rüge an Frank Plasberg zum „Tag der Toleranz“
Rüge an Frank Plasberg zum „Tag der Toleranz“
Stefan Reis
Zum heutigen „Tag der Toleranz“ hat Frank Plasberg gestern Abend (15.11.2021) in der ARD eine – unfreiwillige – Steilvorlage gegeben. In seiner Sendung „Hart aber fair“ ging es um die Corona-Impfung. An einigen Stellen fiel Plasberg aus seiner Rolle als Moderator und wurde zum Diskutanten, so auch ab Minute 46:30: da erzählt er ein Erlebnis aus dem eigenen Bekanntenkreis, wo eine Osteopathin sinngemäß gesagt haben soll, sie würde frisch geimpfte Menschen nicht behandeln, um nicht irgendwelche Nachteile durch die Impfung selbst zu erleiden. Und dann ergänzt er:
„Es gibt auch diese Menschen … aus dem peripheren Gesundheitswesen, Heilpraktiker und andere, ich sag mal, wo es fürs Studium nicht ganz gereicht hat, die definieren sich dann darüber, indem sie tatsächlich sagen, Geimpfte können irgendwas auf mich übertragen …“
Mein lieber Herr Plasberg: das ist lupenreines Geschwurbel. Es sollte allgemein bekannt sein (und das wissen selbst Kritiker unseres Berufsstandes), dass unter den ca. 47.000 Heilpraktiker*innen in Deutschland etliche Akademiker*innen sind. Und allen anderen mit dem Argument der fehlenden Hochschulreife (bzw. eines nicht ausreichenden Numerus clausus) die Befähigung zur Ausübung eines Heilberufes abzusprechen, ist reiner Populismus.
Zudem definieren sich Heilpraktiker*innen durchaus nicht darüber, dass sie annehmen, geimpfte Menschen könnten – was auch immer – auf sie – wie auch immer – übertragen. Ich persönlich kenne keine Kollegin, keinen Kollegen, der eine solche Ansicht vertritt und halte die Vorstellung Plasbergs für geradezu wahnhaft.
Die von Plasberg aufgrund einer Einzelerfahrung vorgenommene Generalisierung, deren Aussagekraft über eine anekdotische Evidenz nicht hinausgeht und die in eine Verunglimpfung eines ganzen Berufsstandes mündet, ist gerade heute – am Tag der Toleranz – nicht hinnehmbar.
Man darf an dieser Stelle durchaus auch überlegen, ob Herr Plasberg der Richtige auf seinem Posten ist. Immerhin leitet sich der Begriff „Moderator“ vom Lateinischen „moderare“ ab, was „mäßigen“ bedeutet. Als Moderator sollte man sich eigentlich nicht in eine Diskussion einmischen, sondern diese lenken und in tolerablen Bahnen halten. Diesen Job hat Herr Plasberg (und zwar nicht zum ersten Mal) hier gründlich vergeigt. Bleibt Plasberg, stellt sich die Frage nach einer Umbenennung seiner Sendung: zumindest das „fair“ im Titel scheint mir in den Bereich der Fake News zu gehören.
Nachtrag 17.11.2021: Bezeichnend ist zudem, dass im so genannten "Faktencheck" der Sendung ausschließlich Aussagen der Philosophin Svenja Flaßpöhler einer kritischen Betrachtung unterzogen werden, während Plasbergs Mutmaßungen sakrosankt zu sein scheinen: https://www1.wdr.de/daserste/hartaberfair/faktencheck/faktencheck-510.html