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Antibiotikaresistenzen: Studie zeigt hohen Handlungsdruck

Antibiotikaresistenzen: Studie zeigt hohen Handlungsdruck Antibiotikaresistenzen: Studie zeigt hohen Handlungsdruck Fotolia #172056527 ©Kunstzeug
Zunehmende Antibiotikaresistenzen gefährden die Gesundheitsversorgung und führen weltweit zu einer hohen Zahl an vorzeitigen Todesfällen. Neben dem Risiko durch den massiven Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin sind auch belastete Produktionsabwässer ein wichtiger Grund für die Entstehung von Antibiotikaresistenzen. Dies bestätigen Ergebnisse einer Pilotstudie zur ökologischen Nachhaltigkeit in der Antibiotikaversorgung.


Der unsachgemäße Umgang mit Antibiotika hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren viele Bakterien Resistenzen gegen die Wirkstoffe der Antibiotika gebildet und diese dadurch dramatisch an Wirksamkeit verloren haben. Dies gefährdet die Gesundheitsversorgung und führt weltweit zu einer hohen Zahl an vorzeitigen Todesfällen. Doch es zeigt sich zunehmend, dass belastete Produktionsabwässer ebenfalls ein wichtiger Grund für die Entstehung von Antibiotikaresistenzen sind.

Um das Ausmaß zu untersuchen, startete die AOK-Gemeinschaft im Jahr 2020 unter der Federführung der AOK Baden-Württemberg gemeinsam mit dem IWW Rheinisch-Westfälischen Institut für Wasserforschung und mit Unterstützung des Umweltbundesamtes eine Pilotstudie zur ökologischen Nachhaltigkeit in der Antibiotikaversorgung. Die weltweit erste Studie mit detaillierten Einblicken in die globale Antibiotikaproduktion zeigt einen dringenden Handlungsbedarf, so Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg.


Massive Schwellenwertüberschreitungen im Produktionsabwasser

Die Einhaltung von Schwellenwerten wird durch die Entnahme und Analyse von Proben bei den Wirkstoffherstellern vor Ort durch Expertinnen und Experten des IWW vorgenommen. Im Auftrag der AOK-Gemeinschaft wurden bis heute an zehn Standorten in Indien und Europa Messungen durchgeführt und Wasserproben auf die im Abwasser enthaltenen Antibiotika-Konzentrationen geprüft. Zudem wurden Gewässerproben der durch die Produktionsstätten beeinflussten Umwelt auf Antibiotika untersucht.

An 40 Prozent der untersuchten Produktionsstätten konnten zum Teil massive Überschreitungen der vertraglich zugesicherten maximalen Wirkstoffkonzentrationen im Produktionsabwasser oder in der angrenzenden Umwelt festgestellt werden. Die höchste Überschreitung innerhalb der Produktionsanlagen konnte beim Antibiotikum Ciprofloxacin festgestellt werden. Dort wurde eine Abwasserkonzentration gemessen, die den vertraglich vereinbarten Schwellenwert um 11.000 Prozent überschreitet. Auch andere Schwellenwertüberschreitungen lagen in Größenordnungen von mehreren tausend Prozent.

Besonders gravierend sei das Problem in der durch Produktionsanlagen beeinflussten Umwelt aufgetreten. Es fanden sich besorgniserregende Konzentrationen in der Umwelt, die schädliche Effekte im Ökosystem und vermehrte Resistenzbildungen erwarten lassen. Die höchste Überschreitung wurde einem Gewässer in Indien entnommen. Die gemessene Gewässerkonzentration des Antibiotikums Azithromycin übersteigt den ökotoxikologisch relevanten Schwellenwert um mindestens 1.600.000 Prozent. Dieses Ergebnis sei sehr besorgniserregend. Das Problem trete allerdings nicht nur in Indien auf. Von den beprobten Gewässern entstamme die Umweltprobe mit den meisten gemessenen Antibiotikafunden einem europäischen Bach.

Die Pilotstudie zeige gleichzeitig aber auch positive Effekte. Durch unseren intensiven Dialog vor Ort und den direkten Zugang zu den Produktionsanlagen konnte bei den Wirkstoffherstellern das Wissen über die umweltkritischen sowie gesundheitsgefährdenden Auswirkungen der Produktion nachweislich erweitert werden.


Politischer Handlungsbedarf

Insgesamt zeige die Pilotstudie einen dringenden Handlungsbedarf: Die Ergebnisse würden eine enorme Belastung der Produktionsabwässer und umliegender Gewässer mit antibiotischen Wirkstoffen bestätigen. Das Problem reiche dabei weit über die Möglichkeiten der Gestaltung von Arzneimittelrabattverträgen hinaus und erfordert politische Maßnahmen auf europäischer Ebene. Nach Ansicht der Projektpartner benötigt es Änderungen im EU-Arzneimittelrecht, um das Problem der antimikrobiellen Resistenzen bei der Wurzel zu packen. Notwendig seien verbindliche Umweltkriterien für die Zulassung und laufende Produktion ausgewählter Arzneimittel, insbesondere Antibiotika, sowie einheitliche Kontrollsysteme zu deren Einhaltung, ziehen die Projektpartner das Resümee.


Originalpublikation

Eine nachhaltige Arzneimittelversorgung für eine gesunde Gesellschaft – Jetzt handeln und die gesetzlichen Rahmenbedingungen sicherstellen – Hier herunterladen

Quelle: AOK Baden-Württemberg
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