Bauernhofschutz: Antiallergischer Effekt des Kuhmilch-Proteins BLG
Bauernhofschutz: Antiallergischer Effekt des Kuhmilch-Proteins BLG
Bauernhofschutz: Antiallergischer Effekt des Kuhmilch-Proteins BLG
Fotolia © Franco Nadalin #113250719
Zahlreiche Studien belegen, dass Kinder, die im bäuerlichen Umfeld geboren wurden und dort aufwachsen, zu einem hohen Prozentsatz vor Asthma, Allergien und Neurodermitis geschützt sind. Besonders positiv wirkt sich der Rinderstall aus. Die dort vorhandenen speziellen Bakterien und deren Bestandteile sind wichtige Schutzfaktoren. Offensichtlich spielt ein essenzielles Protein hierbei eine wichtige Rolle.
Eine andere Art der Pandemie präsentiert sich aktuell hinsichtlich allergischer und asthmatischer Erkrankungen, die in den letzten Dekaden beim Menschen und seinen Haustieren stetig angestiegen sind, und erst langsam ein Plateau zu erreichen scheinen. Was zum Schutz vor Allergien beitragen kann, ist das Leben am Bauernhof, verbunden mit Kontakten zu unterschiedlichen Mikroben und deren Bestandteilen in Stallluft, Heu, Staub und Einstreu. Doch nicht jede Art von Bauernhof schützt gleich gut. Besonders positiv wirken sich Kuhställe aus. Um sie herum dürfte es eine Art Allergie-Schutzglocke (bis zu einem Radius von etwa 300 Metern) geben. Zudem scheint das Trinken von unverarbeiteter, natürlicher Rohmilch das Allergierisiko zu senken.
Auf Spurensuche
Forscher*innen des interuniversitären Messerli Forschungsinstituts in Wien haben sich in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Arbeitsgruppen auf die Suche gemacht nach Schlüsselfaktoren, die speziell für die antiallergischen Eigenschaften der Rinderställe und Kuhmilch verantwortlich sind.Als heißer Kandidat hat sich das Milchprotein Beta-Lactoglobulin (BLG) herauskristallisiert. BLG macht einen großen Teil des Eiweißes der Molke aus und erfüllt eine Trägerfunktion für Mikronährstoffe wie Eisen, Vitamine und Fettsäuren. Die Forschungsgruppe konnte bereits zeigen, dass BLG das Immunsystems beruhigt, sobald es mit Mikronährstoffen (Eisen, Zink, Vitamin A) einen Komplex bildet. Ansonsten kann es Allergien auslösen.
„Kuh“ler Effekt
Die Forscher konnten belegen, dass BLG in großer Menge im Stallstaub hauptsächlich von Rinderställen nachweisbar war, und es von dort sogar bis in die Betten der Bewohner getragen wird. Wird diese Stallluft eingeatmet, gelangt BLG also in den Körper. Die Wissenschaftler haben auch an verschiedenen Standorten um einen Kuhstall herum Luft über Filter angesaugt, und die gesammelten Proben auf das Protein untersucht. Tatsächlich konnten sie es in abfallender Konzentration bis fast 300 Meter um den Stall herum messen. Allerdings zeigte sich in den Untersuchungen auch, dass BLG alleine nicht für die eine Prävention ausreicht. Die positiven Effekte zeigten sich im folgenden Studienverlauf nur, wenn BLG im Stallstaub an Zink gebunden ist. Doch wie gelangt das ansonsten aus der Milch bekannte Protein in derart großen Mengen in den Stallstaub? Um dieser Frage nachzugehen, sammelten die Wissenschaftler*innen Urinproben von Rindern und analysierten diese. Tatsächlich konnte BLG im Rinderurin, sowohl bei weiblichen als auch männlichen Tieren, nachgewiesen werden. Er scheint für die Verbreitung von BLG verantwortlich zu sein. Um den antiallergischen Effekt von Beta-Lactoglobulin abzubilden, verabreichten die Expert*innen in einem nächsten Schritt Mäusen Kuhstallstaub in Form von Nasentropfen. Enthielt der Staub BLG/Zink, wurde die Allergieantwort der Nager unterdrückt. Hingegen konnte BLG-freier Staub eine allergische Immunantwort nicht verhindern.
Laut den Forscher*innen zeigte sich der Schutzeffekt nicht nur gegenüber dem Milchallergen, sondern auch gegenüber einem Allergen aus der Birke. Es handelt sich demnach um einen allgemeinen Schutzeffekt, unabhängig gegen welches Allergen.
Originalpublikation
Pali-Schöll I, Bianchini R, Afify SM et al. Secretory protein beta-lactoglobulin in cattle stable dust may contribute to the allergy-protective farm effect. Clin Transl Allergy. 2022 Feb 12;12(2):e12125. doi: 10.1002/clt2.12125. PMID: 35169442; PMCID: PMC8840802.Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien