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Haaranalysen zeigen: Meditationstraining verringert Langzeitstress

Haaranalysen zeigen: Meditationstraining verringert Langzeitstress Haaranalysen zeigen: Meditationstraining verringert Langzeitstress Fotolia © Olga Lyubkin #41644294
Dass Meditation gegen Stress wirkt, ist keine Neuigkeit. Doch nun konnten Wissenschaftler erstmals einen objektiven Beleg dafür liefern, dass mentales Training körperliche Anzeichen von Stress verringert. Sie wiesen nach, dass mentales Training die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Haar verringert.


Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig fanden heraus, das die Cortisolmenge im Haar Auskunft darüber gibt, wie stark eine Person durch anhaltenden Stress belastet ist. Frühere positive Trainingseffekte hatten sich in akuten Stresssituationen oder an einzelnen Tagen gezeigt – oder basierten auf Selbstauskünften der Studienteilnehmer*innen. Die aktuelle Studie belegt, dass mentales Training körperliche Anzeichen von langen Stressphasen verringert, auch bei gesunden Menschen.

Methoden zur langandauernden Stressreduktion

Stress belastet nicht nur das Wohlbefinden der Betroffenen. Er hängt auch mit einer Reihe von physiologischen Erkrankungen zusammen, darunter Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Störungen wie Depression.

Daher sucht man nach wirksamen Methoden, die den Alltagsstress auf Dauer reduzieren. Als vielversprechende Option gelten dabei Achtsamkeitstrainings, in denen die Teilnehmer*innen durch verschiedene Meditations- und Verhaltensübungen ihre kognitiven und sozialen Fähigkeiten schulen, darunter Aufmerksamkeit, Dankbarkeit und Mitgefühl. Verschiedene Studien haben bereits gezeigt, dass auch gesunde Menschen sich bereits nach einem typischen achtwöchigen Trainingsprogramm weniger gestresst fühlen. Bislang war jedoch unklar, wieviel die Trainings tatsächlich dazu beitragen, die stetige Belastung durch alltäglichen Stress zu verringern.

Das Problem vieler bisheriger Untersuchungen zu chronischem Stress: Die Studienteilnehmer*innen sollten meist im Anschluss an das Training ihr Stresslevel selbst bewerten. Diese Selbstauskunft mithilfe von Fragebögen könnte jedoch die Effekte verzerrt haben und Ergebnisse positiver erscheinen lassen, als sie es tatsächlich waren. Faktoren wie soziale Erwünschtheit und Placebo-Effekte spielten hier eine Rolle. Anders als etwa bei pharmakologischen Studien, in denen die Studienteilnehmer*innen nicht wissen, ob sie tatsächlich den Wirkstoff erhalten haben oder nicht, sind sogenannte verblindete Untersuchungen bei mentalen Trainings nicht möglich. In der Achtsamkeitsforschung werden daher zunehmend objektivere, also physiologische Methoden, eingesetzt, um die stressreduzierende Wirkung präziser messen zu können.

Cortisol zeigt Stresslevel an

Als geeignete Messgröße für die Belastung durch anhaltenden Stress gilt die Konzentration von Cortisol im Haar. Cortisol hilft in belastenden Situationen, den Körper in Alarmbereitschaft zu versetzen und Energie zu mobilisieren, um die Herausforderung zu bewältigen. Je länger der Stress anhält, umso länger zirkuliert eine erhöhte Konzentration von Cortisol im Körper – und desto mehr sammelt sich davon im Haar an. Das wächst im Schnitt einen Zentimeter im Monat. Um das Stresslevel der Studienteilnehmer*innen während des neunmonatigen Trainings zu messen, analysierten die Forscher*innen in die Cortisol-Menge alle drei Monate jeweils in deren ersten drei Haar-Zentimetern, beginnend an der Kopfhaut.

Das neunmonatige mentale Trainingsprogramm bestand aus drei dreimonatigen Einheiten, die jeweils mithilfe westlicher und fernöstlicher mentaler Übungen einen bestimmten Fähigkeitsbereich schulen sollten. Dabei lag der Fokus entweder auf den Faktoren Aufmerksamkeit und Achtsamkeit, auf sozio-affektiven Fähigkeiten wie Mitgefühl und Dankbarkeit, oder auf sogenannten sozio-kognitiven Fertigkeiten, insbesondere der Fähigkeit zur Perspektivübernahme gegenüber eigenen und fremden Gedanken. Drei Gruppen von jeweils rund 80 Teilnehmenden absolvierten die Trainingsmodule in unterschiedlicher Reihenfolge. Trainiert wurde für bis zu neun Monate, 30 Minuten täglich, sechs Tage die Woche.

Training war nachweislich wirksam

Und tatsächlich zeigte sich: Nach sechs Monaten Training war die Cortisol-Menge in den Haaren der Proband*innen deutlich gesunken, im Schnitt um 25 Prozent. In den ersten drei Monaten waren zunächst leichte Effekte zu sehen, die sich in den darauffolgenden drei Monaten verstärkten. Im letzten Drittel blieb die Konzentration dann auf niedrigem Niveau. Die Forscher*innen gehen daher davon aus, dass erst ein ausreichend langes Training zu den gewünschten Stress-reduzierenden Wirkungen führt. Dabei schien der Effekt nicht von den Inhalten des Trainings abzuhängen. Möglicherweise sind also mehrere der untersuchten mentalen Ansätze ähnlich effektiv, um den Umgang mit chronischem Alltagsstress zu verbessern.

Quelle: Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften

Originalpublikation

Puhlmann, L; Vrtička, P; Linz, R; Stalder, T; Kirschbaum, C; Engert, V; Singer, T (2021)
Contemplative Mental Training Reduces Hair Glucocorticoid Levels in a Randomized Clinical Trial. Psychosomatic Medicine, doi: 10.1097/PSY.0000000000000970
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