Vergiftungsfall durch Gabe von falsch dosiertem homöopathischen Atropa belladonna
Vergiftungsfall durch Gabe von falsch dosiertem homöopathischen Atropa belladonna
Vergiftungsfall durch Gabe von falsch dosiertem homöopathischen Atropa belladonna
AdobeStock © irottlaender #204820361
Ein Fallbericht von Mediziner*innen des Instituts für Innere Medizin II der Fakultät für Medizin der Technischen Universität München berichtet von einem Patienten mit einer Atropa-Belladonna-Intoxikation durch ein handgefertigtes, falsch dosiertes homöopathisches Präparat. Das Beispiel zeigt wieder einmal, wie wichtig es ist, homöopathische Arzneien nur unter hohen Qualitätsstandards herzustellen und vor allem, warum die Apothekenpflicht für homöopathische Arzneien erhalten bleiben muss.
Die Mediziner*innen berichten von einem 53-jährigen Patienten ohne Vorerkrankungen, der in ihrer Notfallambulanz mit einem anticholinergen Syndrom vorstellig wurde. Er litt u.a. unter Verwirrtheit, Angstzuständen, trockenem Mund, Ataxie und Sprachstörungen. Die Symptome waren erstmals 10 Minuten nachdem er 30 Tropfen eines homöopathischen Mittels gegen Magenschmerzen eingenommen hatte, aufgetreten. Als er 1,5 Stunden später in der Klinik eintraf, bestanden die Symptome immer noch. Er wurde stationär für eine Nacht zur Beobachtung aufgenommen und glücklicherweise verschwanden seine Symptome mit der Zeit, ohne weitere Intervention.
Eine Analyse der Inhaltsstoffe des homöopathischen Präparats zeigte, dass die homöopathische Arznei eine Belladonna-Konzentration von 3 mg/ml enthielt, statt der deklarierten 0,005 mg/ml. Das entspricht einer 600-fachen Überdosis. Die Quelle der Überdosierung konnte von den Medizinern beim Hersteller ermittelt werden. Dieser hatte aus Versehen bei dem Präparat eine D1-Potenz statt der vorgesehenen D4-Potenz verwendet. Es zeigte sich, dass das Präparat eine eigens angefertigte Mischung war, die nur an zwei Patienten abgegeben worden war. Der zweite Patient konnte rechtzeitig vor der Einnahme gewarnt werden.
Die Autoren des Fallberichts sprechen eine klare Empfehlung dafür aus, dass vorzugsweise homöopathische Arzneimittel verschrieben werden sollten, die von etablierten Arzneimittelherstellern stammen. Außerdem sollten Ärzt*innen und Therapeut*innen bei Patient*innen mit einem anticholinergen Syndrom auch an die Möglichkeit einer Intoxikation mit Atropa belladonna denken.