Multiple Sklerose: Kognitive Beeinträchtigung durch Vitamin-D-Mangel?
Multiple Sklerose: Kognitive Beeinträchtigung durch Vitamin-D-Mangel?
Italienische Wissenschaftler*innen konnten zeigen, dass bei Patient*innen mit Multipler Sklerose (MS) ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit frühen Behinderungen und kognitiven Beeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose korreliert.
Schon länger ist ein negativer Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel und der Krankheitsaktivität und dem Verlauf von MS bekannt. Dies wird nun durch eine aktuelle italienische Studie noch einmal erhärtet. Die Forscher*innen haben festgestellt, dass ein zum Zeitpunkt einer Multiple-Sklerose-Diagnose vorliegender Vitamin-D-Mangel mit kognitiven Beeinträchtigungen und dem Ausmaß der Behinderung korreliert.
Kognitive Beeinträchtigungen, wie eine verlangsamte Informationsverarbeitung, sind eine wichtige Komplikation insbesondere in Frühstadien der MS. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind bisher noch nicht vollständig geklärt. Ein Zusammenhang zwischen kognitiver Beeinträchtigung mit einem Vitamin-D-Mangel war bisher noch nicht untersucht worden. Dies holte das Forscherteam nun nach.
Für ihre Studie untersuchten sie 60 neudiagnostizierte MS-Patienten, deren Serum-Vitamin-D-Werte bei der Diagnosestellung mitbestimmt worden war. Außerdem wurde bei allen Proband*innen zum Zeitpunkt der Diagnose mithilfe des „Symbol Digit Modalities Tests“ (SDMT) die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung überprüft. Dieser Test gilt als Marker für eine kognitive Beeinträchtigung, wie sie bei der MS auftreten kann.
Von den im Durchschnitt 39,5 Jahre alten Patient*innen waren 40 weiblich, 20 männlich. 90 % der Proband*innen litten zu Studienbeginn unter einer schubförmig-remittierenden MS, 10 % unter einer progressiven Form der MS. Der EDSS-Score (Expanded Disability Status Scale) lag zum Diagnosezeitpunkt bei durchschnittlich 1,5 (0–4). Dieser Score gibt Auskunft über den Grad der Behinderung von Menschen mit Multipler Sklerose, wobei die Skala von einem EDSS-Wert von 0 bis 10 reicht. O bedeutet normale neurologische Funktionalität, 4 entspricht per Definition: einer Gehfähigkeit ohne Hilfe und Rast für eine Strecke von 500 Metern und einer Aktivität während ca. 12 Stunden pro Tag trotz relativ schwerer Behinderung.
Patient*innen mit kognitiver Beeinträchtig haben häufiger einen schweren Vitamin-D-Mangel
Bei Studienbeginn hatten 85% der Teilnehmer (51) erniedrigte Serum-Vitamin-D-Spiegel (unter 30 ng/ml), was den Werten anderer MS-Patienten in der italienischen Lombardei entspricht, wo die Studie durchgeführt wurde. Im Durchschnitt hatten die Studienteilnehmer*innen einen Vitamin-D-Spiegel von 21,17 ng/ml (± 10,02). 51,7 % hatten einen manifesten Mangel (weniger als 20 ng/ml) und 33,3% eine suboptimale Versorgung mit Werten zwischen 20 und 30 ng/ml. Von den Patient*innen hatten 16 (27%) eine kognitive Beeinträchtigung. Auffallend war, dass die Patient*innen mit einer kognitiven Beeinträchtigung signifikant häufiger unter einem schweren Vitamin-D-Mangel litten, als diejenigen mit einem ausreichenden Vitamin-D-Spiegel, von denen keiner eine kognitive Beeinträchtigung zeigte (p=0,02).
Während der zweijährigen Nachbeobachtungszeit von zwei Jahren wurde eine signifikante Korrelation zwischen den Vitamin-D-Serumwerten zum Diagnosezeitpunkt und einer frühen Behinderung im MS-Schweregrad-Score (Multiple Sclerosis Severity Score, MSSS) und eine schwache Korrelation mit dem altersbezogenen MSSS (ARMSS) bei der letzten klinischen Nachuntersuchung festgestellt.
Die Autoren weisen selber darauf hin, dass Faktoren wie die Wirkungen der Behandlung bei der schwächeren Korrelation eine Rolle gespielt haben könnten. Auch sei die Nachbeobachtungszeit mit zwei Jahren relativ kurz.