Rhinoviren schützen vor Grippe
Rhinoviren schützen vor Grippe
Ein einfacher Schnupfen kann gegen die Influenza schützen. Das zeigen die Studienergebnisse von US-amerikanischen Wissenschaftler*innen der Yale-University. Mit Rhinoviren infizierte Atemwegszellen setzen verstärkt antivirale Botenstoffe frei, die es wiederum anderen Viren wie den Grippeviren erschweren, sich in den Zellen auszubreiten. Schon Hahnemann kannte das Prinzip.
In den §§ 36–50 seines „Organon der Heilkunst“ erörtert Samuel Hahnemann die Gründe, aus denen zuweilen Leiden verschwinden, wenn neue Krankheitsreize einwirken, oder auch die neue Krankheit keine Chance hat, sich einzunisten. Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten spielen hierbei eine große Rolle.
Auch Mediziner*innen von heute kennen das Phänomen, dass bestimmte Viren sich gegenseitig stören: Ist ihr Wirt schon mit dem einen infiziert, hat das zweite einen schwereren Stand. Sie nennen das „virale Interferenz“ und bestätigen damit – freilich unwissentlich – die außerordentliche Beobachtungsgabe Hahnemanns, der seine Schlüsse ohne jede labortechnischen Hilfsmittel zog.
Eine solche virale Interferenz wird z.B. für Erkältungsviren und Influenza diskutiert. Wissenschaftler der Yale University gingen aktuell der Frage nach, ob und wie stark Schnupfenviren und Influenzaviren sich tatsächlich gegenseitig hemmen. Dafür griffen sie auch die Patientendaten von 13.000 Patienten zurück, die in den letzten drei Jahren im Winter wegen Atemwegsbeschwerden am Yale Hospital in New Haven in Behandlung wurden.
Die Forscher*innen fanden dabei heraus: Selbst in den Monaten, in denen beide Virusarten aktiv waren, war der Grippevirus nicht präsent, wenn der Schnupfenvirus verbreitet war. Nur sehr wenige Patienten hatten beide Viren gleichzeitig. Ihre Berechnung zeigten: Gäbe es keine Interaktion zwischen den Rhino- und Influenzaviren, müssten sich bei 67 der gut 13.000 Patient*innen ein Befall mit beiden Viren nachweisen lassen. Es gab in dem Patientenkollektiv aber nur zwölf Co-Infektionen.
Um den Mechanismus zu entschlüsseln, wie die beiden Virusarten interagieren, erstellten die Wissenschaftler*innen Atemwegsgewebe aus Stammzellen, aus denen sich Epithelzellen entwickeln, das normalerweise die Atemwege der Lunge auskleidet und das das Hauptangriffsziel der Atemwegsviren ist. Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Grippeviren (eine Variante des H1N1-Grippevirus) das Gewebe viel seltener infizierten, wenn es vorher mit Rhinoviren befallen war. PCR-Tests zeigten eine mehr als 15-fache Reduktion der Influenza-Virenlast 24 und 48 Stunden nach der Infektion.
Die antiviralen Abwehrstrategien waren schon aktiviert
Grund dafür war, dass die Infektion der Zellen mit dem Rhinovirus eine starke Abwehrreaktion ausgelöst hatte, bei denen antivirale Botenstoffe wie Interferone freigesetzt wurden. Die später eintreffenden Influenzaviren konnten deshalb diese Zellen schwerer befallen. Die Schutzwirkung durch die Schnupfenviren hielt etwa fünf Tage an.Schutz auch vor COVID-19?
Angesichts der aktuellen COVID-19-Pandemie stellten sich die Forscher*innen natürlich auch die Frage, ob die Schutzfunktion der Rhinoviren auch den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie beeinflussen könnte. Studien würden dafür sprechen, dass SARS-CoV-2 ebenfalls durch Interferone gehemmt wird, erklären die Studienautoren. Sie betonen aber auch, dass eine solche Störwirkung zwischen Rhinoviren und SARS-CoV-2 nicht erwiesen sei. Sie hätten aber bereits damit begonnen, dies in weiteren Studien zu erforschen.Quelle: Pressemitteilung der Yale University und scinexx