Mitglieder-Login

Mitglieder-Login

Bitte warten, Berechtigungsprüfung ...
×

Magenschutz-Medikamente können Allergien auslösen

Magenschutz-Medikamente könnten Allergien auslösen Magenschutz-Medikamente könnten Allergien auslösen Fotolia # 97105389 © rangizzz
Eine langfristige Einnahme von Magenschutzmedikamenten wie Protonenpumpeninhibitoren wird in Zusammenhang mit einer ganzen Reihe von Erkrankungen gebracht. Eine aktuelle epidemiologische Studie aus Österreich könnte nun darauf hindeuten, dass die Hemmung der Säurebildung im Magen auch die Allergiebereitschaft erhöht. Doch die Studie ist umstritten.

Die - übrigens weit verbreitete - langfristige Medikation mit Magensäureblockern wird u.a. in Zusammenhang mit einem erhöhten Osteoporose- und Frakturrisiko, Pneumonien, Darminfektionen oder Vitamin B12- und Magnesium-Mangel-Zuständen sowie Nierenschäden gebracht. Diskutiert wird auch ein Zusammenhang mit Demenz. Nun hat ein Österreicher Wissenschaftlerteam untersucht, ob es eine Korrelation zwischen der Gabe von Säureblockern sowie anderen Magenschutz-Medikamenten und einem Allergierisiko gibt. Es kommt zu dem Ergebnis, dass das Risiko für eine anti-allergische Therapie nach Einnahme der Säureblocker verdoppelt bis verdreifacht wird. Damit würden Befunde aus früheren epidemiologischen und experimentellen Studien erstmalig auf Ebene der gesamten Bevölkerung gestützt.

Arzneimittel für den Magenschutz werden in den Industrienationen weitflächig eingesetzt. Dazu zählen Protonenpumpeninhibitor (PPI), H2-Blocker oder Schleimhautprotektiva wie Sucralfat oder Prostaglandin E2. Die Arzneien reduzieren die Produktion von Magensäure, lindern Sodbrennen und unterstützen das Abheilen einer geschädigten Magenschleimhaut. Sie werden oft zur Unterstützung von Medikamententherapien und zur Vermeidung eines Magengeschwürs verschrieben oder auch gegen Völlegefühl eingesetzt.

Für die Studie haben die Forscher die Verordnung von Säureblockern (PPI und H2-Blocker) oder Schleimhautprotektiva (Sucralfat und Prostaglandin E2) mit einer späteren Verordnung von Allergie-Medikamenten in Beziehung gesetzt. Dazu analysierten sie Krankenkassendaten der Jahre 2009 bis 2013 von Krankenversicherungsträgern Österreichs. Hierbei werteten sie die Verschreibungen von Allergiemedikamenten (Antihistaminika, Allergen-Immuntherapien) von Personen aus, die zuvor Rezepte für Magenschoner erhalten hatten. Der Zusammenhang sei eindeutig, erklärt Erstautorin Galateja Jordakieva: „Wer magenschonende Mittel wie Protonenpumpenhemmer einnimmt, erhöht sein Risiko für behandlungsbedürftige allergische Symptome um das Zwei- bis Dreifache“.

5,12 Prozent der Kassenpatienten, die Magensäureblocker oder Schleimhautprotektiva einnahmen, benötigten später ein Anti-Allergikum. Im Vergleich dazu benötigten nur 2,61 Prozent pro Jahr der übrigen Versicherten ein solches Medikament. Im Vergleich zu Patienten, denen Lipidsenker oder Antihypertensiva verordnet wurden, benötigten die Patienten, die den „Magenschutz“ erhalten hatten, sogar dreimal häufiger ein Anti-Allergikum. Frauen hatten ein höheres Risiko als Männer und mit dem Alter stieg das Risiko an. So war die Rate bei den Unter-20-Jährigen um knapp 50 Prozent erhöht, bei den Über-60-Jährigen um 520 Prozent.

Die Datenanalyse zeigt aufgrund Ihres Designs lediglich eine Assoziation, beweist jedoch keinen kausalen Zusammenhang. Unklar bleibt auch, ob nicht auch andere mit der Inanspruchnahme von Säureblockern in Verbindung stehende Faktoren, für das Risiko verantwortlich sind.

Kritik an Studiendesign

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) kritisiert jedoch die Studie. Nach Ansicht der Experten sei das Studiendesign nicht dafür geeignet, die Frage zu beantworten, ob Säurehemmung das Entstehen von Allergien begünstigt. Sie kritisieren im Wesentlichen folgende Aspekte der Studie: Zum einen wurden darin unterschiedliche Pharmaka untersucht – Sucralfate, die praktisch ohne Einfluss auf den pH-Wert im Magen sind, H2-Blocker, die als mäßig aktive Säurehemmer einzustufen sind und starke Säurehemmer – die sogenannten Protonenpumpeninhibitoren (PPI). Laut Studie erhöhen alle Substanzen das Risiko, eine Allergie zu entwickeln. Somit ergebe sich keine Korrelation zum Grad der Säurehemmung. Daher sei fragwürdig, ob die Säurehemmung überhaupt im Zusammenhang mit der Allergieentstehung zu sehen ist, so die Experten der DGVS. Zum anderen stütze sich die Analyse mit Blick auf die Allergieentstehung nur auf die Verschreibung von Medikamenten, die mutmaßlich das Vorhandensein einer Allergie anzeigen sollen. Daten zu Allergie-Diagnosen selbst lagen nicht vor. Auch das ist nach Ansicht des Experten ein Schwachpunkt. Denn beispielweise waren Medikamente wie Phenothiazine in die Studie einbezogen, die in erster Linie als Neuroleptika bei neurologisch-psychiatrischen Krankheiten eingesetzt und nur noch im Einzelfall bei Allergien verschrieben werden. Grundsätzlich sei die Tatsache, dass ein Medikament verschrieben worden sei, nicht geeignet, um daraus die Ursache für weitere, neu aufgetretene Krankheiten wie hier Allergien abzuleiten. Auch sei in der Studie nicht hinreichend unterschieden worden, um welche Allergien es überhaupt ging.

Quelle:

Galateja Jordakieva, Michael Kundi, Eva Untersmayr, Isabella Pali-Schöll, Berthold Reichardt, Erika Jensen-Jarolim: Country-wide medical records infer increased allergy risk of gastric acid inhibition. Nature Communications, (2019) 10:3298. doi.org/10.1038/s41467-019-10914-6
Teilen auf FacebookTeilen auf Twitter