VKHD-Interview mit der SPD-Politikerin Martina Stamm-Fibich
VKHD-Interview mit der SPD-Politikerin Martina Stamm-Fibich
Der VKHD hat von Politikerinnen und Politikern wissen wollen, wie sie zur Homöopathie und zum Heilpraktikerberuf stehen. Wir veröffentlichen diese Interviews nun in loser Folge. Den Anfang macht Martina Stamm-Fibich, die seit 2013 für die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag sitzt. Der Homöopathie gegenüber zeigt sie sich offen.
Martina Stamm-Fibich ist Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages und Patientenbeauftragte der SPD. Im Interview stellt sie klar: Sie ist gegen die Abschaffung des Heilpraktikerberufs, aber für eine geregelte Ausbildung. Der Homöopathie gegenüber ist sie offen, wünscht sich hier mehr Forschung und plädiert für die Beibehaltung der Apothekenpflicht von homöopathischen Arzneien.
Lesen Sie das Interview:
VKHD: Was halten Sie selbst von der Homöopathie? Würden Sie sagen, dass es sich bei der Homöopathie um eine wirksame Therapiemethode handelt, oder halten Sie Homöopathie eher für Humbug?Martina Stamm-Fibich: Ich persönlich habe kein Problem mit Homöopathie. Studien und Umfragen in der Bevölkerung bestätigen, dass homöopathische Behandlungen das Wohlbefinden vieler Menschen verbessern. Laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2017 waren 70 Prozent der Patientinnen und Patienten, die sich homöopathisch behandeln haben lassen, mit der Behandlung zufrieden. Homöopathie hat für mich aber nichts mit klassisch medizinischer Behandlung zu tun.
VKHD: Kritiker behaupten, es gebe keine seriösen Quellen, die eine Wirksamkeit homöopathischer Arzneien belegten, die Befürworter dagegen führen eine ganze Reihe von Studien an, die zum gegenteiligen Schluss kommen. Wie schätzen Sie selbst die Studienlage ein? Würden Sie weitere Forschung in diesem Bereich gutheißen?
Martina Stamm-Fibich: Als Patientenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion liegt mir die Sicherheit von Patientinnen und Patienten, Arzneimitteln und Therapien besonders am Herzen. Und dafür sind meines Erachtens starke Patientenrechte, eine strikte Rahmensetzung und wissenschaftliche Studien notwendig. Mit ihnen lassen sich Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten und Therapien überprüfen. Deshalb halte ich weitere Forschung im Bereich der Homöopathie für sinnvoll und richtig. Auch hier gilt selbstverständlich das Bestellerprinzip. Wer ein Mittel vermarkten möchte, muss seine Sicherheit und Wirksamkeit belegen.
VKHD: Kritiker fordern, dass homöopathische Arzneimittel aus der Apothekenpflicht entlassen und mit den deutschen Bezeichnungen des Inhalts etikettiert werden sollen. Auch aufgedruckte "Warnhinweise" auf fehlenden Wirksamkeitsnachweis werden gefordert. Wie ist Ihre Meinung zu diesen Punkten?
Martina Stamm-Fibich: Homöopathische Mittel gehören genau wie OTC-Mittel in die Apotheken und sonst nirgendwo hin. Beratung ist wichtig und die gibt es so nur in den Apotheken. In den USA zum Beispiel dürfen homöopathische Mittel frei in jeder Drogerie verkauft werden. Es gibt also keine Beratung und keinen wirksamen Schutz für Patientinnen und Patienten. Wir müssen homöopathische Arzneimittel auch weiterhin in der Apothekenpflicht behalten.
VKHD: Kritiker fordern auch, die Erstattungsfähigkeit homöopathischer Arzneien durch die gesetzlichen Krankenkassen zu untersagen. Wie ist Ihr Standpunkt dazu?
Martina Stamm-Fibich: Diesen Ansatz teile ich nicht. Wenn einzelne Krankenkassen die Kosten für homöopathische Mittel übernehmen wollen, können sie das tun. Das ist ja auch bei anderen Leistungen, bei denen die Wirksamkeit letztlich nicht geklärt ist, der Fall.
VKHD: Soll die Homöopathie an deutschen Universitäten im Rahmen des Medizinstudiums einen Raum einnehmen, oder soll man Vorlesungen zur Homöopathie an der Universität grundsätzlich abschaffen?
Martina Stamm-Fibich: Eine Abschaffung von Vorlesungen zur Homöopathie an den Universitäten halte ich für das falsche Signal. Eine Integration in das Medizinstudium halte ich für den geeigneten Weg, damit angehende Ärztinnen und Ärzte verantwortungsbewusst mit den Methoden der Homöopathie umzugehen lernen.
VKHD: Nun noch ein paar Fragen zum Beruf des Heilpraktikers: Aus Kreisen der Politik war in der vergangenen Zeit zu hören, dass der Beruf des Heilpraktikers mittelfristig abgeschafft werden solle. Wie sehen Sie das? Wie schätzen Sie die Rolle des Heilpraktikers im deutschen Gesundheitssystem ein?
Martina Stamm-Fibich: Eine Abschaffung des Heilpraktikers unterstütze ich nicht. Aber ich halte eine strikte Regelung für sinnvoll. Die Rolle des Heilpraktikers im deutschen Gesundheitssystem schätze ich ganz generell als wichtig ein. Allerdings gehört für mich eine fundierte Ausbildung dazu. Die Fortbildung zum Heilpraktiker gehört für mich auf eine mehrjährige Ausbildung in einem Gesundheitsberuf gesattelt. Das würde eine hochwertige und sichere Versorgung von Patientinnen und Patienten bedeuten.
VKHD: Sehen Sie Bedarf an einer Reform des Heilpraktikergesetzes und, wenn ja, welche Bereiche sollten Ihrer Ansicht nach reformiert werden?
Martina Stamm-Fibich: Geplant ist zum einen neue Prüfungsordnung. Zum anderen wird das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) regeln, dass die Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel und von Zubereitungen aus menschlichem Gewebe durch Angehörige nichtärztlicher Heilberufe, insbesondere Heilpraktiker, erlaubnispflichtig wird. Diese Regelung ist die Reaktion auf den Tod von drei Krebspatienten, die von einem Heilpraktiker behandelt wurden. Er hatte überdosierte Infusionen verabreicht. Solche Vorfälle dürfen nicht passieren. Deshalb halte ich die geplante Neuregelung für richtig.
VKHD: Wir bedanken uns sehr herzlich für die Beantwortung unserer Fragen.