Auswirkungen der „Elektronischen Rechnung“ auf die Heilpraktikerpraxis
Auswirkungen der „Elektronischen Rechnung“ auf die Heilpraktikerpraxis
Anfang des kommenden Jahres wird die elektronische Rechnung auch in der Privatwirtschaft zur Pflicht. Auch selbstständige Unternehmer*innen sowie Freiberufler können davon betroffen sein. Bettina Henkel hat für unsere Mitglieder zusammengestellt, welche Auswirkungen dies hat, wer ab wann davon betroffen ist und welche Ausnahmen es gibt?
Ab 01.01 2025 beginnt die Verpflichtung zur stufenweisen Einführung der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) nun auch im privatwirtschaftlichen Bereich. Die neuen Regelungen zur Erstellung von E-Rechnungen betreffen im Wesentlichen die umsatzsteuerpflichtige Abrechnung von Unternehmen / Einzelunternehmer*innen untereinander. Bei der Einführung wird zwischen Empfang und Ausstellung solcher Rechnungen unterschieden. Ab Januar 2025 müssen alle selbstständigen Unternehmer*innen, auch wenn sie nicht umsatzsteuerpflichtig sind, E-Rechnungen empfangen können. Dies ist hinsichtlich der Archivierungspflicht relevant. Nur für das Erstellen von Rechnungen gibt es Ausnahmen und Übergangsfristen, wobei „Kleinunternehmer*innen“ nach derzeitigem Stand erst ab dem 01.01.2028 E-Rechnungen ausstellen müssen.
Gleichzeitig ändert sich mit den neuen Regelungen für alle Nutzer ohne Übergangsfrist die Definition der Rechnungsarten. Es gibt ab Januar nur noch E-Rechnungen und „sonstige“ Rechnungen. Das hat Auswirkungen sowohl auf den Empfang, als auch auf die Zulässigkeit der Zustellungsart von Rechnungen.
Damit stellen sich viele Fragen. Im Folgenden wird ein kleiner Überblick zum Thema gegeben. Vor allem geht es darum, was eine E-Rechnung überhaupt ist, wer ab wann verpflichtet ist E-Rechnungen auszustellen, was sich bezüglich des Empfangs ändert, welche Ausnahmen es gibt und inwieweit Heilpraktiker*innen betroffen sein können.
Was unter einer E-Rechnung zu verstehen ist
Die meisten Unternehmen, zumindest die kleineren, die bisher Rechnungen auf elektronischem Wege versendet haben, haben in der Regel das PDF-Format dafür genutzt. Eine PDF-Datei kann zwar für die bildhafte Darstellung einer Rechnung verwendet werden, jedoch erfüllt dieses Format, ebenso wie zum Beispiel „tif”, „jpeg”, „docx” nicht alle Anforderungen, die an die neue E-Rechnung hinsichtlich der Weiterverarbeitung gestellt werden. Nach den rechtlichen Vorgaben müssen E-Rechnungen in einem vorgegebenen strukturierten elektronischen Daten-Format nach der europäischen Normenreihe EN 16931 ausgestellt, übermittelt und empfangen werden und es muss eine elektronische Verarbeitung (unter anderem Archivierung) möglich sein. Aktuell dafür zugelassene und übliche Formate sind vor allem zum einen die XRechnung, die im öffentlichen Auftragswesen, also für den Rechnungsversand an deutsche Behörden beziehungsweise die Bundesverwaltung, bereits genutzt wird (in Italien vor allem FatturaPA, in Frankreich Factur-X). Zum anderen hat sich parallel dazu das Format ZUGFeRD zum Rechnungsaustauschformat zwischen Unternehmen herausgebildet, das ebenfalls die erforderlichen DIN-Kriterien ab Version 2.0.1. erfüllt.Bei der XRechnung handelt es sich um eine reine XML-Datei. Sie kann zwar in einem Editor angezeigt werden, der Inhalt ist jedoch nur über eine weitere Software lesbar zu machen. Im ZUGFeRD-Format werden dagegen hybride Inhalte (Rechnungen) versendet, bei denen eine maschinenlesbare XML-Datei in einen sichtbaren PDF-Teil eingebettet ist. Damit ist keine zusätzliche Software erforderlich, um den Inhalt sehen zu können. Dies ist daher eine für Empfänger von künftigen E-Rechnungen problemlose Variante.
Alle anderen Rechnungsformate sind ab 2025 nur noch „sonstige“ Rechnungen, die für die meisten Unternehmen steuerrechtlich, zum Teil mit Übergangsfristen, nicht mehr zulässig sind. Rechnungen im PDF-Format fallen dann also auch unter die „sonstigen“ Rechnungen.
Für die Umsetzung der neuen E-Rechnungspflicht wird unterschieden zwischen Empfang solcher Rechnungen und deren Ausstellung.
Empfang von E-Rechnungen
Ab 01.01.2025 muss jedes Unternehmen eine E-Rechnung empfangen können. Hinsichtlich der gesetzlichen Pflicht E-Rechnungen empfangen und archivieren zu können, gibt es ab 2025 keine Ausnahme. Das gilt daher auch für Unternehmer, die nicht umsatzsteuerpflichtig sind, wie Kleingewerbetreibende, Vermietende oder Ärzt*innen und Heilpraktiker*innen. Zu bedenken ist daher, dass auch Heilpraktiker*innen, die eine Praxis betreiben, zwar hinsichtlich der Heilbehandlungsleistungen von der Umsatzsteuer und der E-Rechnungspflicht befreit sind, aber gegebenenfalls auch Mietkosten haben und zum Beispiel Praxismaterial benötigen. Sie beziehen also in der Regel auch Leistungen von anderen Unternehmen die überwiegend der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Diesbezüglich ist es möglich, dass zukünftig solche Rechnungen als E-Rechnung versendet werden, wenn das versendende Unternehmen nicht von eventuell möglichen Übergangsfristen Gebrauch macht. Einen Anspruch auf Ausstellung der Rechnungen in Papierform oder als PDF im Sinne der „sonstigen“ Rechnung gibt es nicht mehr.
Im Gegensatz zur PDF-Rechnung ist für die Verwendung des Formats der E-Rechnung keine Zustimmung vom Rechnungsempfänger erforderlich. Zur Erinnerung: Die Rechnungen an Patient*innen für Heilbehandlungen unterliegen zwar nicht der E-Rechnungspflicht, sollen sie jedoch als PDF versendet werden (also als „sonstige“ Rechnung) ist weiterhin die jeweilige formlose Zustimmung der Patient*innen hierzu erforderlich. Eine widerspruchslose (konkludente) Annahme der betreffenden Rechnung reicht hierfür jedoch aus.
Ob Sie demnächst tatsächlich E-Rechnungen erhalten, hängt also davon ab, ob das rechnungsstellende Unternehmen von Übergangsfristen Gebrauch macht. Bei jeder Art des Empfangs von Rechnungen gilt aber weiterhin für alle Selbständigen die revisionssichere Archivierungspflicht.
Zur Erinnerung: Mit revisionssicherer Archivierung ist gemeint, dass alle Rechnungen in ihrer ursprünglichen Form revisionssicher nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD) aufbewahrt werden müssen. Das bedeutet, dass die Rechnungen immer nachvollziehbar und nachprüfbar, vollständig, richtig und zeitnah aufgezeichnet/gebucht und einer Ordnung folgend sein müssen und nicht nachträglich veränderbar sein dürfen. Somit muss auch ein hybrides Rechnungsformat, dass sich wie eine PDF lesen lässt, in seinem Ursprungsformat der maschinenlesbaren strukturierten E-Rechnung archiviert werden, damit für das Finanzamt die maschinelle Auswertung möglich ist.
Die revisionssichere Aufbewahrung, dürfte zumindest bei der E-Rechnung wegen der zusätzlichen rechtlichen Anforderungen in vielen Fällen nur noch mit externen Anbietern möglich sein, die spezielle Datenmanagementsysteme anbieten. Jedenfalls reicht eine Speicherung im Outlook oder im Explorer ohne weitere Maßnahmen nicht aus.
Sollten Rechnungen künftig nicht vorgabegemäß archiviert sein, kann das möglicherweise zu Problemen mit dem Finanzamt führen. Es kann auch ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht vorliegen.
Pflicht zur Ausstellung von E-Rechnungen
Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Erstellung von E-Rechnung wurde zunächst für die Rechnungstellung zwischen Unternehmen und Bundesverwaltung für die sogenannte B2G-Leistungen (Business-to-Government) eingeführt und gilt schon seit längerem. So verlangen viele öffentliche Auftraggeber E-Rechnungen im Format XRechnung. Diese können per Mail über „Peppol“ oder Portale des Bundes gesendet werden. Wie in vielen anderen Bereichen hat auch hier derzeit jedes Bundesland noch seine eigenen Regeln.Nun wird diese Verpflichtung erweitert auf inländische sogenannte B2B-Leistungen (Business to Business) also für die Rechnungstellung von Leistungen zwischen Unternehmen innerhalb Deutschlands. Grundsätzlich gelten alle gewerblichen und selbständig ausgeübten beruflichen Tätigkeiten nach dem Umsatzsteuergesetz (USTG) als umsatzsteuerpflichtige Unternehmertätigkeiten. Das gilt zum Beispiel auch für Vereine und damit Verbände soweit sie Unternehmer im Sinne des UstG und nicht gemeinnützig sind. Gleiches gilt grundsätzlich auch für Dozentinnen und Dozenten, die ihre Arbeit regelmäßig gegenüber Schulen abrechnen, die keine staatliche Genehmigung/landesrechtliche Erlaubnis haben/benötigen sowie für die Abrechnung von freiberuflichen Projektarbeiten, sofern sie regelmäßig erfolgen.
Ausnahmen
Von dieser Umsatzsteuerpflicht und damit der Einbeziehung in die Vorgaben zur E-Rechnung, gibt es Ausnahmen. Das gilt vor allem für umsatzsteuerbefreite Dienstleistungen nach § 4 Nr. 8 bis 29 UstG, wie Heilbehandlungen an Patient*innen und zum Beispiel Post- und Bankdienstleistungen. Ebenso sind E-Rechnungen nicht erforderlich für Kleinbetragsrechnungen unter 250 Euro brutto (§ 33 UStDV). Grundsätzlich bleiben auch Rechnungen, die an Endverbraucher gehen, sogenannte B2C-Leistungen (Business to Consumer) von der E-Rechnungspflicht ausgespart. Für alle anderen B2B-Leistungen sind, nach Ablauf der jeweiligen Fristen, nur noch E-Rechnungen zulässig. Das gilt zum Beispiel auch für Bewirtungsrechnungen über 250 Euro. Weil eine E-Rechnung ja elektronisch übermittelt werden muss, wird für diese Fälle eine einfache Papierquittung nicht mehr ausreichend sein. Wie solche Barverkaufsrechnungen künftig behandelt werden sollen, wurde allerdings von der Finanzverwaltung bisher noch nicht geklärt.
Übergangsfristen
Für die Umstellung der Regelungen zur E-Rechnung gibt es wie schon erwähnt unterschiedliche Übergangsfristen. Wenn die (Geschäfts-) Kunden zustimmen, dürfen alle Unternehmen ihre Rechnungen für betroffene Leistungen bis Ende 2026 noch als „sonstige“ Rechnungen in Papierform oder als PDF versenden. Diese Frist wird verlängert bis Ende 2027, wenn die betreffenden Unternehmen im vorangegangenen Jahr (also 2026) einen Jahresumsatz von unter 800.000 Euro hatten und die Rechnungsempfänger zugestimmt haben. Ab 2028 dürfen für alle betroffenen Leistungen nur noch E-Rechnungen erstellt werden. Da die neue steuerliche Gesetzeslage besonders Kleingewerbetreibende sowie manche Vermieter von gewerblich genutzten Räumen und gegebenenfalls zum Beispiel auch Photovoltaik-Anlagen-Betreiber treffen kann, wurden für diese Gruppe Vereinfachungen erwartet. Denn diese kleinen Unternehmen haben bisher in der Regel keine zusätzlichen, umfangreichen Buchführungsprogramme benötigt. Damit können auf diese Personengruppe, zu der auch Heilpraktiker*innen gehören können, vermehrter Aufwand und höhere Kosten zukommen, was nicht immer in Relation zum Ertrag stehen dürfte. Die erhoffte Vereinfachung für diese Unternehmensgruppe scheint jedoch nicht zu kommen. Auch kleine Unternehmen mit der Verwaltung von vergleichsweise wenigen Belegen werden wohl eine zuverlässige, am besten kostenfreie oder günstige Software benötigen, mit der jedenfalls die hybriden ZUGFeRD-Rechnungen erstellt und visualisiert werden können. Gleichzeitig müssen in dieser Software die Datenschutzregeln und die GoBD einbezogen sein. Anscheinend gibt es derzeit kaum entsprechende Angebote, was sich sicherlich in der nächsten Zeit ändern wird.
Übrigens wird die Umsatzgrenze für die Kleinunternehmerregelung für das Vorjahr von 22.000 € auf 25.000 € erhöht.
Zu den individuellen steuerlichen Details kann auch im Zusammenhang mit der E-Rechnung am besten eine Steuerberatung Auskunft geben.
Folgen bei Nichteinhaltung der Regelungen zur E-Rechnung
Für den Fall, dass nach Ablauf der Übergangsfrist die Vorgaben zur Erstellung der E-Rechnung nicht eingehalten werden, sind keine Regelungen getroffen worden. Wer dann eine Rechnung erhält, die keine E-Rechnung ist, kann jedoch die Zahlung verweigern, weil es sich nicht um eine korrekte Rechnung handelt. Soweit eine korrekte „sonstige“ E-Rechnung ausgestellt wird, liegt bisher vermutlich zumindest kein Verstoß gegen die Rechnungsausstellungspflicht vor. In dem Fall könnte auch keine Ordnungswidrigkeit (nach § 26a Abs. 2 Nr. 1 UStG) angenommen werden. Allerdings kann es eine vertragliche Verpflichtung zur Abrechnung unter der Verwendung der E-Rechnung geben. Auch unter diesem Aspekt sollten möglicherweise betroffene Personen Verträge und AGB genau gelesen. Die vorgegebene Archivierung von E-Rechnungen wird aber wohl in jedem Fall erforderlich sein.
Gründe für die Einführung der E-Rechnung in Deutschland
Die EU-Kommission möchte den Umsatzsteuerbetrug innerhalb der europäischen Union bekämpfen, sowie Registrierungs- und Meldepflichten für grenzüberschreitend tätige Unternehmen reduzieren. Dazu wurde die „ViDA-Initiative“ (Value Added tax in the Digital Age) entwickelt. Zu deren Umsetzung wird ein Maßnahmenpaket von der EU-Kommission für die Änderung und weitgehende Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie in der EU (MwStSystRL, Richtlinie 2006/112/EG) erstellt. Dafür wird ein elektronisches Umsatzsteuer-Meldesystems erforderlich sein. Die Umsetzung soll voraussichtlich 2030, spätestens 2032 beendet sein. Dann müssen die betroffenen Unternehmen umsatzsteuerpflichtige Rechnungen auch an das Finanzamt melden. Diese Meldung kann dann nur noch über eine spezielle Plattform erfolgen, die noch entwickelt werden muss. Wie bereits einige andere EU-Länder hat nun auch Deutschland mit der Einführung der E-Rechnung die Umsetzung der ViDA-Initiative in der Privatwirtschaft begonnen. Die rechtliche Grundlage hierfür ist das Wachstumschancengesetz vom März dieses Jahres. In diesem Zusammenhang hat die Finanzverwaltung im Juni 2024 einen Entwurf eines Einführungsschreibens zur neuen E-Rechnung veröffentlicht, damit wegen des zum Teil umfangreichen Ausmaßes der Umsetzung konstruktive Hinweise als Rückmeldung erfolgen konnten (Für Interessierte: Entwurf unter https://www.ihk.de/blueprint/servlet/resource/blob/6230148/fc9275de1ee15df56e6fe758d4181684/entwurf-bmf-schreiben-juni-2024-data.pdf ).Unter anderem von Seiten der Steuerberater und der Industrie und Handelskammer erfolgten auch Anregungen zur Entwicklung unkomplizierter Lösungen für vereinfachte Regelungen hinsichtlich der Gruppe der Kleingewerbetreibenden. So gab es die Aufforderung an die Bundesregierung, ein kostenfreies Tool zur Erstellung und Visualisierung von E-Rechnungen zu entwickeln. Leider finden sich in dem jetzigen endgültige Einführungsschreiben der Finanzverwaltung keine entsprechenden vereinfachenden Regelungen (siehe BMF, Schreiben v. 15.10.2024, III C 2 - S 7287-a/23/10001 :007 ).
Weitere Informationen:
https://www.e-rechnung-bund.de/e-rechnung/unterschied-zwischen-papier-pdf-und-erechnung/
Fazit für die Heilpraktikerpraxis
Alle deutschen Unternehmen müssen ab dem 01.01.2025 eingehende E-Rechnungen (zum Beispiel Lieferantenrechnungen) empfangen und unverändert nach den GoBD-Regeln archivieren können. Sie benötigen ab 2025 also eine entsprechende E-Rechnungsplattform, um das ZUGFeRD -Format auslesen zu können.Theoretisch müssen ab dem 01.01.2025 außerdem ausgehende Rechnungen (auch Gutschriften) in Form einer E-Rechnung erstellt werden, die in einem zugelassenen Format, zum Beispiel ZUGFeRD, ausgestellt sein muss. Für inländische Unternehmen mit weniger als 800.000 € Jahresumsatz in 2026 gibt es dafür eine Übergansfrist bis 31.12.2027.
Heilpraktiker*innen sind als Freiberufler*innen von der E-Rechnungspflicht befreit, soweit sich die betreffenden Rechnungen ausschließlich auf die Behandlung von Patienten beziehen.
Halten Sie zum Beispiel Vorträge für Schulen, Verbände oder Firmen müssen Sie ebenfalls spätestens ab 2028 eine E-Rechnung stellen, da es sich hierbei um ein B2B-Geschäft handelt.
Unsere Empfehlung: Informieren Sie sich zu Ihrer individuellen Situation bei Ihrer Steuerberatung.
Bettina Henkel, VKHD-Beirätin