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Homöopathische Leistungen in der Versorgung über die gesetzliche Krankenkasse bleibt ein Streitthema

Homöopathische Leistungen in der Versorgung über die gesetzliche Krankenkasse bleibt ein Streitthema Homöopathische Leistungen in der Versorgung über die gesetzliche Krankenkasse bleibt ein Streitthema AdobeStock #157550499 ©AA+W
Der Versuch, die Homöopathie aus der Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) herauszunehmen, ist momentan nicht aktuell. Dennoch muss davon ausgegangen werden, dass im Hintergrund weiter über einen solchen Schritt nachgedacht wird. VKHD-Beirätin Bettina Henkel hat rechtliche Argumente gegen die Streichung entsprechender Leistungen und Hintergründe zum Thema zusammengefasst.


Die Idee, Homöopathie aus der Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) herauszunehmen, ist erfreulicherweise gerade vom politischen Gesetzestisch. Aber in den Köpfen einiger meinungsbildender Menschen bleibt es weiterhin ein prinzipielles Anliegen, Homöopathie als GKV-Leistung abzuschaffen. Es kann davon ausgegangen werden, dass im Hintergrund weiter über eine Annäherung zur Umsetzung dieser Idee nachgedacht wird.

Was in diesem Rahmen möglich ist, hängt entscheidend von den maßgeblichen rechtlichen Grundlagen ab. Umso erfreulicher ist es, dass auch von juristischer Seite vor kurzem ein etwas differenzierteres Statement in dem Schwerpunktbericht eines gesundheitsrechtlichen Informationsportals zu lesen war (Fachmagazin „Rechtsdepesche“ Jul/Aug 2024 S.188 ff.). Es ist sogar eine leichte Tendenz zugunsten der Homöopathie zu erkennen.

In dem Bericht liegt der Schwerpunkt erwartungsgemäß vor allem auf der Behandlung relevanter juristischer Voraussetzungen. Dabei und darüber hinaus gibt es einen Ansatz, das Thema von mehreren Seiten zu betrachten. Es werden bekannte Argumente der Homöopathie-Gegner aufgegriffen. Zum Beispiel erfolgt bei dem Hinweis auf das Vorhandensein diverser Studien zur Homöopathie die Anmerkung, dass den homöopathischen Arzneimitteln von den Gegnern ungeachtet des Studiendesigns und der Qualität der Studie nur ein Placeboeffekt zugestanden werde. Dieser Effekt sei aber nicht das Ziel homöopathischer Behandlung, sondern ein wünschenswerter Nebeneffekt. Es wird unter anderem auch festgestellt, dass bei einem großen Teil der Bevölkerung ein Bedürfnis zur Anwendung der Homöopathie besteht (48 % für den Erhalt der Homöopathie in der GKV und nur 20 % ausdrücklich dagegen/ dortige Fn: IFD Allensbach). Zwar stehe dem eine „ausgeprägte Skepsis in der Schulmedizin“ gegenüber. Allerdings spiele die Homöopathie dennoch „nach wie vor eine nicht unbedeutende Rolle im Praxisalltag vieler Mediziner“.

Der Bericht schließt mit dem Fazit, dass neben der Beschäftigung mit dem realen therapeutischen Wert der Homöopathie aus juristischer Sicht vor allem auch Folgendes zu bedenken sei: Mit der Streichung der Homöopathie aus den Leistungen der GKV, könne ein unzulässiger Eingriff in das Recht zur freien Methodenwahl der Versicherten einhergehen und damit insbesondere zu einer Ungleichbehandlung von chronisch kranken Patient*innen führen, also zu dem, was das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gerade für unzulässig befunden hat. Daneben könne dadurch gegebenenfalls ungerechtfertigterweise auch die ärztliche Therapiefreiheit eingeschränkt sein. In diesem Zusammenhang wird hier allerdings nur auf Ärzt*innen Bezug genommen, was auch damit zusammenhängt, dass die primären Leistungen in der GKV durch die Ärzteschaft (Vertragsärzt*innen) mit Homöopathie-Diplom im Rahmen der DZVhÄ–Selektivverträge erbracht werden müssen. Daneben dürfen Krankenkassen in eingeschränkten Umfang auch eine Versorgung mit „Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern“ als sogenannte Satzungsleistung anbieten. Darin können auch bestimmte qualifizierte Leistungen von Heilpraktiker*innen enthalten sein. Allerdings ist diese Möglichkeit, anders als die Wahltarife bei den privaten Krankenversicherern, stark reglementiert und insgesamt von eher untergeordneter Bedeutung.

Dieses Streitthema kann letztlich auch Auswirkungen auf homöopathisch arbeitende Heilpraktiker*innen haben. Für diejenigen, die gern ein paar Hintergrundinformationen hätten, gibt es im Folgenden einen kurzen Überblick über entscheidende Institutionen, Gremien und der rechtlichen Entwicklung zur Homöopathie in der GKV.


Worum geht es bei den sozialversicherungsrechtlichen Aspekten der gesetzlichen Krankenversicherung?

Die GKV ist der älteste Bereich der Sozialversicherung in Deutschland (von 1883) und der Schwerpunkt des hiesigen Gesundheitssystems. Die grundsätzliche Aufgabe der GKV ist es, die Versicherten gegen das mit Krankheitskosten verbundene finanzielle Risiko zu sichern und zwar insbesondere durch die Beiträge der Versichertengemeinschaft und deren Arbeitgeber als Solidargemeinschaft. Maßgeblich für die rechtlichen Vorgaben ist vor allem das 5. Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft hat die Aufgabe dazu beizutragen, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Das umfasst auch die Förderung der gesundheitlichen Eigenkompetenz und Eigenverantwortung der Versicherten (siehe § 1 SGB V „Solidaritätsprinzip und die Eigenverantwortung“). Weitere Informationen: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/krankenversicherung/grundprinzipien/aufgaben-und-organisation-der-gkv.


Wonach richtet es sich, welche Leistungen von der GKV erstattet werden?


Entscheidend für die Leistungen der GKV sind die gesetzlichen Rahmenvorgaben vor allem aus dem SGB V, dessen Regelungen sich am Verfassungsrecht orientieren müssen. Dieser grundlegende Rahmen ist in § 2 SGB V für alle gesetzlichen Krankenversicherungen verbindlich festgelegt. Verpflichtend ist danach das Sachleistungsprinzip (Versicherte müssen Leistungen direkt in Form von Sach- oder Dienstleistungen erhalten, anstatt Geldleistungen). Dabei muss das Wirtschaftlichkeitsgebot (dieses wird in § 12 SGB V näher definiert) sowie die Eigenverantwortlichkeit der Patienten und Patientinnen beachtet werden. Außerdem wird in § 2 SGB V ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen … nicht ausgeschlossen“ sind.

In einem Urteil des BVerf von 12/2005 (1 BvR 347/98) wurde der unkonkrete Begriff der „besonderen Therapierichtungen“ weiter definiert als „umfassende therapeutische Konzeptionen, die verschiedenste Erkrankungen auf der Grundlage eines weltanschaulichen Denkansatzes behandeln, der sich von der naturwissenschaftlich geprägten Medizin abgrenzt, jedoch größere Teile der Ärzteschaft für sich eingenommen hat“.

Im Zusammenhang mit Arzneimitteln werden dann auch in § 34 Abs. 3 BSG V die aktuell anerkannten „besonderen Therapierichtungen“ indirekt benannt. Dort ist festgelegt, dass „…bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen wie homöopathischen, phytotherapeutischen und anthroposophischen Arzneimitteln… der besonderen Wirkungsweise dieser Arzneimittel Rechnung zu tragen ist.“

Welche konkreten Leistungsansprüche die Patient*innen der GKV im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung haben, wird im Rahmen des Selbstverwaltungsprinzips vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in verbindlichen Richtlinien festgelegt. Der G-BA ist seit 2004 das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung von Krankenkassen, Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten und Krankenhäusern. Auf Basis von Gesetzen und Rechtsprechung bestimmt er in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie Maßnahmen der Qualitätssicherung für den ambulanten und stationären Bereich des Gesundheitswesens. Dabei hat der Ausschuss den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse zu berücksichtigen (rechtliche Vorgabe). Eine weitere gesetzlich vorgegebene Aufgabe ist die Überprüfung des diagnostischen oder therapeutischen Nutzens, der medizinischen Notwendigkeit und der Wirtschaftlichkeit von Leistungen aus dem Pflicht-(leistungs)katalog der Krankenkassen. An den Beratungen zur Beschlussfassung des G-BA dürfen aktuell die Trägerorganisationen der Patientenvertreter teilnehmen, die aber nicht stimmberechtigt sind.

Zusätzlich können die Krankenkassen jeweils in begrenztem Rahmen auch selbständig Leistungsangebote in ihre Satzung aufnehmen (sogenannte freiwillige Satzungsleistungen). Dazu müssen „Verträge über eine besondere Versorgung“ mit den jeweiligen Leistungserbringern abgeschlossen werden. Wer als Leistungserbringer in Frage kommt ist gesetzlich festgelegt (§ 140 a SGB V).

Weiterhin gibt es, ebenfalls seit 2004 aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe (§ 139a SGB V), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Dieses untersucht medizinische Maßnahmen auf Nutzen und Schaden für Patient*innen. Es erstellt fachlich unabhängige, evidenzbasierte Gutachten beispielsweise zu Arzneimitteln oder Diagnoseverfahren. Im Stiftungsrat des IQWiG sind der GKV-Spitzenverband als zentrale Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland (GKV-SV), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZBV) und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) vertreten.

Weiter Infos:
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/gesundheitswesen/selbstverwaltung/gemeinsamer-bundesausschuss
https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/kv_grundprinzipien/gesellschaften_gremien/gesellschaften_gremien.jsp


Worauf beruht die aktuelle Situation der (begrenzten) Versorgungsangebote von homöopathischen Leistungen durch die GKV?


2004 trat zunächst eine Regelung in Kraft, nach der gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten alle nicht verschreibungspflichtigen Medikamente grundsätzlich selbst zu bezahlen hatten (§ 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Zur Rezeptpflicht ist anzumerken, dass sie in Deutschland lediglich ein Hinweis auf mögliche Risiken und eine notwendige ärztliche Betreuung ist. Ein Beleg für Qualität und Wirksamkeit ist damit nicht verbunden.

Diese neue Regelung zur Selbstzahlung betraf vor allem die homöopathischen, anthroposophischen und phytotherapeutischen Arzneimittel. Kinder bis zum 12. Lebensjahr und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen waren von der Regelung ausgenommen und sind es immer noch.

Dem G-BA wurde die Aufgabe erteilt, Ausnahmen von dem neuen gesetzlichen Verordnungsausschluss für diese rezeptfreien Arzneimittel festzulegen. Dem ist der G-BA mit der sogenannten OTC(Over The Counter)-Liste (Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie) nachgekommen. Die entsprechende, weitergeführte Übersicht zu den Ausnahmen enthält verschreibungsfreie aber apothekenpflichtige Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten. Aufgenommen wurden bisher wenige anthroposophische und phytotherapeutische Arzneimittel. Hinsichtlich homöopathischer Arzneimittel ergaben sich schon bei der Anforderung zur Festlegung eines Therapiestandards Schwierigkeiten.

In dem oben genannten Urteil des BVerfG von 2005, in dem die „besonderen Therapierichtungen“ weiter definiert wurden, wurde auch ein Rahmen für deren Anwendbarkeit in der GKV vorgegeben. Danach ist es mit den Grundrechten nach Art 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip nicht vereinbar, dass gesetzlich versicherte Patient*innen, für deren lebensbedrohliche oder tödliche Erkrankungen keine Behandlung nach allgemein anerkanntem medizinischem Standard zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihnen gewählten ärztlichen Behandlungsart versicherungstechnisch ausgeschlossen sind. Für die gewählte Behandlungsart muss allerdings eine nicht ganz entfernte Aussicht auf Heilung oder eine spürbare positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf bestehen.

Der G-BA ist dieser Vorgabe des BVerfG gefolgt und hat mit Beschluss von 2011 nach längerem Rechtsstreit (in dem Fall zu einem Phytopharmakon) festgelegt, dass für entsprechende Patient*innen eine bisher ausgeschlossene Methode im Einzelfall auch zulasten der GKV anwendbar sein soll.

Über das 2011 entwickelte Versorgungsstruktur Gesetz (GKV-VStG) wurde unter anderem diese Vorgabe in die bestehenden GKV-relevanten Gesetze aufgenommen. Das GKV-VSTG, das seit 2015 in Kraft ist, sollte vor allem für die Zukunft eine flächendeckende ambulante medizinische Versorgung auf hohem Niveau fördern. Schwerpunkte waren vor allem die Verbesserung der Situation in ländlichen Regionen und innovative Versorgungsformen. Enthalten waren entsprechende diverse Regelungen zur Arbeit des G-BA.

Seitdem sind die zuvor engen Grenzen der evidenzbasierten „Hochleistungsmedizin“ durch § 2 Abs. 1a SGB V mit der Aufnahme der alternativen Leistungen in den engen Grenzen des Beschlusses des GBA etwas aufgelockert. Die Übernahme von homöopathischen, anthroposophischen und phytotherapeutischen Arzneimitteln ist seitdem als Ausnahme für die Situation schwer erkrankter Menschen in § 34 Abs. 3 SGB V einbezogen. Unter den Bedingungen der sehr eng ausgelegten Ausnahmesituationen sind seitdem alle gesetzlichen Krankenkassen verpflichtet, für schwerkranke Patient*innen auch die Kosten für „besondere Therapierichtungen“ zu übernehmen.

Daneben wurde den Krankenkassen über § 140 a SGB V ermöglicht, ein freiwilliges erweitertes Leistungsangebot für die Patient*innen in ihre Satzung aufzunehmen (sogenannte Satzungsleistungen). Für die dafür notwendigerweise abzuschließenden „Verträge über eine besondere Versorgung“ werden die möglichen Vertragspartner der Krankenkassen, zum Beispiel Vertragsärzt*innen, abschließend aufgezählt. Für die Art dieser Leistungen gibt es dagegen lediglich eine Rahmenvorgabe, wonach den Versicherten ein Anspruch auf eine „ausreichende, bedarfsgerechte, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende medizinische Krankenbehandlung“ zusteht. Angeboten werden können insbesondere eine ärztliche, zahnärztliche und psychotherapeutische Behandlung, die Versorgung mit Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmitteln etc. und „sonstige Leistungen“. Alle hier zulässigen Leistungen müssen dabei dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügen. Das heißt, sie müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten.

Diese sogenannten Satzungsleistungen können auch „besondere Therapierichtungen“, also auch homöopathische Leistungen oder eine separate Versorgung mit Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen, also auch mit homöopathischen Arzneimitteln, enthalten. Wenn eine Krankenkasse solche freiwilligen Leistungen anbietet, steht es den Versicherten frei, an konkreten Leistungsangeboten daraus teilzunehmen. Viele Krankenkassen bieten solche Sonderleistungen an. Dabei bezieht sich ein großer Anteil auf homöopathische Leistungen durch Ärzt*innen. Einige Krankenkassen bieten in begrenztem Rahmen ihren Mitgliedern Leistungen „nicht zugelassener Leistungserbringer“ an. Zu diesen Leistungserbringern können auch Heilpraktiker*innen gehören. Oftmals werden auch sogenannte Bonusprogramme unterschiedlicher Ausgestaltung angeboten, nach denen die Patient*innen indirekt auch Heilpraktikerleistungen, zumindest zum Teil, finanzieren können.

Die Idee des Gesetzgebers hinter der Einführung der freiwilligen Satzungsleistungen war eine Förderung des Wettbewerbs unter den Krankenkassen. Dazu die Stellungnahme zum GKV-VStG des Verbandes der Ersatzkassen Nr.2 S. 5: https://www.vdek.com/politik/gesetze/wahlperiode_18/versorgungsstrukturgesetz/_jcr_content/par/publicationelement/file.res/Stellungnahme vdek.pdf

Insgesamt ergibt sich aus der Entwicklung der gesetzlichen Gestaltung, dass auch für die gesetzlich versicherten Patient*innen eine gewisse Therapievielfalt ermöglicht und ein eingeschränkter Wettbewerb unter den Krankenkassen unterstützt werden sollte.

Herr Lauterbach wollte die Homöopathie und die Anthroposophie durch entsprechende gesetzliche Änderungsvorschläge aus der Anwendung der besonderen Therapieformen und der Möglichkeit der freiwilligen Satzungsleistungen herausnehmen. Dies ist bekanntermaßen nicht gelungen.


Was hat das Arzneimittelrecht mit der Zulässigkeit/Akzeptanz der Homöopathie im Gesundheitssystem zu tun?


Im Zusammenhang mit einer Reformierung des Arzneimittelrechts aus dem Jahr 1976 wurden auch angepasste Anforderungen an die besonderen Therapierichtungen, also auch an homöopathische Arzneimittel, festgelegt (Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts). Nach dem in diesem Zusammenhang erstellten Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit sollte „…sich im Zulassungsbereich der in der Arzneimitteltherapie vorhandene Wissenschaftspluralismus deutlich widerspiegeln…“. Deswegen habe man sich insbesondere bei der Ausgestaltung der Anforderungen an den Wirksamkeitsnachweis von der politischen Zielsetzung leiten lassen.

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes 1978 liegt die Entscheidung über die Zulassung von Arzneimitteln bei dem Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Auch für homöopathische Arzneimittel können beim BfArM Anträge auf Zulassung gemäß § 21 ff. Arzneimittelgesetz (AMG) oder auf die einfacher zu erlangende Registrierung gemäß § 38 f. AMG gestellt werden.

1978 mussten zunächst alle Präparate im Handel ein Nachzulassungsverfahren hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität nach den Vorschriften des neuen Arzneimittelgesetzes durchlaufen. Für die Bewertung der verschiedenen Arzneimittelarten wurden spezielle Kommissionen eingerichtet. Für die Homöopathie ist seitdem die Kommission D als fachkundige Beratung zur Entscheidungsfindung bei der Zulassung von Arzneimitteln durch das BfArM zuständig (Mitglieder der Kommission, ehrenamtlich für jeweils drei Jahre, siehe Internetseite des BfArM).

Die für die jeweiligen Therapierichtungen zuständigen verschiedenen Kommissionen hatten sogenannte Aufbereitungsmonographien zu erstellen. Dazu mussten Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität nach den Vorschriften des neuen Arzneimittelgesetzes überprüft werden. Bekanntermaßen war dabei damals wie heute vor allem auch die Prüfung der Wirksamkeit homöopathischer Einzel-Arzneimittel eine besondere Herausforderung.

Für die Zulassung homöopathischer Arzneimittel nach § 21 ff AMG sind mittlerweile die Monographien als alleiniges Erkenntnismaterial nicht mehr ausreichend. Es müssen zusätzlich medizinische Erfahrungen der jeweiligen Therapierichtungen in einer evidenzbasierten Studie dokumentiert sein. Bislang konnte noch keine Studie den geforderten Kriterien standhalten. Somit konnte die erforderliche Punktzahl für eine Zulassung von Einzelmitteln nach § 21 AMG noch nicht erreicht werden.

Zu den Kriterien für Erkenntnismaterial zu klinischen Indikationen in der Homöopathie: https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Zulassung/Zulassungsarten/Besondere-Therapierichtungen-und-traditionelle-Arzneimittel/Homoeopathische-und-anthroposophische-Arzneimittel/KriterienIndikationen.html?nn=936914)

Daher hat die alternative Möglichkeit, einen Antrag auf Registrierung eines homöopathischen Mittels gemäß § 38 f. AMG beim BfArM stellen zu können, eine besondere Bedeutung. Für eine solche Registrierung gelten niedrigere Anforderungen. Dieses vereinfachte Verfahren basiert auf der EU-Richtlinie 2001/83/EG zur Berücksichtigung der Besonderheiten der homöopathischen Methode und der Schwierigkeit, deren Wirksamkeit in klinischen Versuchen zu erproben.

Wenn homöopathische Arzneimittel nach den Reglungen des Homöopathischen Arzneimittelbuches hergestellt wurden, es sich um eine Potenz von D4 bzw. C2 (Verdünnungsgrad 1:10.000) oder höher handelt, sie zur oralen oder äußerlichen Behandlung bestimmt sind und keine Angabe einer besonderen Heilanzeige enthalten, reicht eine Registrierung für einen Marktzugang als verschreibungsfreies, apothekenpflichtiges Arzneimittel aus.

Anders herum ist nicht apothekenpflichtig, was nicht nach §§ 21 ff AMG zugelassen oder nach § 38 f AMG registriert ist. Die Apothekenpflicht kann jedoch in der Versorgung durch die GKV eine Rolle spielen. So werden zum Beispiel in der OTC-Übersicht (Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie / siehe oben) abschließend nur alle apothekenpflichtigen Arzneimittel aufgelistet, die in den oben genannten Ausnahmefällen auch für schwerkranke gesetzlich versicherte Erwachsene von Ärzt*innen verordnet werden dürfen. Das können grundsätzlich auch homöopathische Komplex- und Einzel-Arzneimittel sein (Arzneimittel-Richtlinie § 12 Arzneimittel-Richtlinie, § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V, § 4 Abs. 26 AMG), soweit sie im Rahmen der jeweiligen Prüfung den gesetzlichen Anforderungen entsprechen

Bettina Henkel, VKHD-Beirätin
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