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Urteil des EuGH: Recht auf kostenfreie Kopie der Patientenakte

Urteil des EuGH: Recht auf kostenfreie Kopie der Patientenakte Urteil des EuGH: Recht auf kostenfreie Kopie der Patientenakte Fotolia #162163246 ©sdecoret
Patient*innen haben das Recht, kostenfrei und ohne Nennung von Gründen eine erste Kopie ihrer Patientenakte zu erhalten. Das hat der Europäische Gerichtshofs entschieden und beruft sich dabei auf die Datenschutz-Grundverordnung. Bettina Henkel hat das Wichtigste für Sie zusammengefasst.


Es gibt ein neues Urteil des EuGH (EuGH, C 307/22), das auch für Heilpraktiker zu beachten ist, auch wenn sich daraus auf den ersten Blick nur wenig gravierende Veränderungen ergeben. Was ist jetzt neu?
Wenn Patient*innen bei Ihnen eine Kopie ihrer Patientenakte anfordern, brauchen diese dafür keinen Grund mehr benennen. Außerdem dürfen die mit der Erstellung der (ersten) Kopie entstandenen Kosten den Patient*innen nicht in Rechnung gestellt werden.


Wie kam es dazu und was könnte das letztlich bedeuten?

Aufgrund der Vorschriften der europaweit geltenden Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) haben Patient*innen nach Art. 15 DSGVO jederzeit ein Auskunftsrecht zu ihren persönlichen Daten, wobei eine kostenfreie Kopie angefordert werden kann. Andererseits gibt es in Deutschland auch das ältere, sogenannte Patientenschutz-Gesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Danach gibt es für Patient*innen nach § 630 b BGB ebenfalls die Möglichkeit, eine Kopie der Patientenakte anzufordern. Allerdings können hier die Kosten für den Aufwand an die betreffenden Patienten weitergegeben werden. Es gibt also zwei Regelungen zu vergleichbaren Rechten der Patient*innen mit unterschiedlicher Kostenregelung. Um die passenden Vorschriften einhalten zu können, mussten die Patient*innen bisher den Grund ihres Anliegens benennen.

Weil EU-Recht hier möglicherweise dem nationalen Recht vorgeht, hatte der Bundesgerichtshof den Fall an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergeleitet. Der EuGH hatte vor diesem Hintergrund in einem Fall zu entscheiden, in dem eine Zahnärztin nach § 630g Abs. 2 BGB die Erstattung der Kosten der ersten Kopie der Patientenakte verlangt hatte. Der Patient benötigte die Akte, um einen Schadensersatz wegen eines Behandlungsfehlers geltend zu machen und nicht wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO. Dennoch geht es bei einer Patientenakte um persönliche Daten. Der EuGH stellte mit umfangreicher Begründung zusammengefasst dar, dass es nach der DSGVO nicht auf den Grund eines Antrags auf den Erhalt der Kopie der Patientenakte ankommt, dieser also bei Anforderung der Patientenakte nicht benannt werden muss. Die erste Kopie sei außerdem kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Denn eine nationale Regelung könne durch die Vorschriften der DSGVO unter bestimmten Bedingungen aufgehoben werden, was nach dem EuGH für § 630g Abs. 2 BGB der Fall sei. Es könne lediglich für weitere Kopien ein angemessenes Entgelt im Rahmen der Verwaltungskosten verlangt werden. Damit kann die deutsche Rechtslage zu dieser Thematik nicht mehr wie bisher angewendet werden, auch wenn das zunächst ein paar rechtlich unklare Fallgestaltungen mit sich bringt. Die deutsche Gesetzgebung ist nunmehr gefordert, eine Anpassung der entsprechenden zivilrechtlichen Vorschriften (BGB) vorzunehmen.

Als Folge des EuGH-Urteils könnte es theoretisch mehreren Patient*innen in den Sinn kommen, grundlos ihre kompletten Behandlungsdaten als Kopie kostenfrei zu verlangen. Das könnte zu vermehrtem Verwaltungsaufwand mit den entsprechenden Kosten für Heilpraktiker*innen führen. Jedoch darf zum einen ein solches Auskunftsrecht natürlich weiterhin nicht offensichtlich rechtsmissbräuchlich sein und zum anderen bieten sich bei Heilpraktiker*innen, vor allem solchen, die vorwiegend homöopathisch arbeiten, wenig Anlässe für ein solches Patientenanliegen. Sollte bei Ihnen dennoch ein solcher Fall auftreten, lohnt es sich immer, zuerst das Gespräch zu suchen. Allerdings dürfen Sie das Kopieren der Unterlagen nicht ablehnen. Nach einem Grund zu fragen, ist natürlich nicht verboten. Wenn dem Patienten Unterstützung bei der Klärung seines Problems angeboten wird, zum Beispiel durch Einsicht in ganz konkrete Bereiche der Patientenunterlagen, könnte das dem Patienten immerhin Sucharbeit ersparen.

Gehen wir zunächst einmal davon aus, dass sich durch die neue Rechtslage im Ergebnis letztlich für Heilpraktiker*innen nichts Gravierendes ändern wird. Wenn neue Regelungen zum Thema bekannt werden, unterrichten wir Sie.

Bettina Henkel, Ass.jur.
VKHD Beirätin
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