Wie Kindheitstraumata die Gesundheit beeinflussen
Wie Kindheitstraumata die Gesundheit beeinflussen
Wissenschaftler*innen haben in einer aktuellen Analyse mit Daten der NAKO Gesundheitsstudie den Zusammenhang zwischen Kindheitstrauma und der Diagnosewahrscheinlichkeit ausgewählter Erkrankungen untersucht. Sie konnten zeigen, dass traumatische Erfahrungen im Kindesalter mit einem höheren Risiko für körperliche und psychische Erkrankungen im Erwachsenenalter verbunden waren. Dieses Erkrankungsrisiko war bei jüngeren Menschen besonders stark ausgeprägt.
Auf Basis der Daten von 156.807 Teilnehmenden der NAKO Gesundheitsstudie haben die Forschenden unter Federführung der der Unimedizin Greifswald (UMG) den Zusammenhang zwischen Traumata und weiteren Erkrankungen untersucht. Dabei haben sie sich auf Erkrankungen fokussiert, die eine große persönliche Krankheitslast mit sich bringen und eine gesellschaftliche Relevanz haben. Dazu gehörten Krebserkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall, Typ-2-Diabetes, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Angsterkrankungen und Depression.
Mittels Fragebogens gaben die NAKO-Teilnehmenden an, inwiefern sie in ihrer Kindheit Traumata erfahren mussten. Hierbei wurde zwischen verschiedenen Erlebnissen unterschieden: emotionaler, körperlicher und sexueller Missbrauch sowie emotionale und körperliche Vernachlässigung. Das Ergebnis: Ein Drittel der Teilnehmenden mit Kindheitstraumata gab mehrere Traumaarten an, wobei die Kombination emotionaler und körperlicher Traumata am häufigsten geschildert wurde. Die Forschenden fanden heraus, dass Kindheitstraumata insgesamt mit einer höheren Wahrscheinlichkeit verbunden waren, im Erwachsenenalter sowohl psychische als auch körperliche Krankheiten zu entwickeln. Dabei traten psychische Erkrankungen wie Angststörungen und Depression als Folge traumatischer Erlebnisse häufiger auf als körperliche. Alle diese Zusammenhänge waren bei jüngeren Personen besonders stark ausgeprägt, unabhängig von der Art des Kindheitstraumas. Die Forschenden schlussfolgern, dass die Ergebnisse darauf hinweisen könnten, dass Kindheitstraumata umso stärker mit einer Diagnose assoziiert sind, je näher der Erkrankungsbeginn am Zeitpunkt der Traumatisierung liegt. So liege das Erkrankungsalter bei einer Depression etwa meist im frühen Erwachsenenalter.
Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden nur für einzelne Erkrankungen beobachtet. Bei den Erkrankungen als Erwachsene gaben Frauen häufiger Krebs-, Angst- und Depressionsdiagnosen an. Männer berichteten häufiger über Diagnosen von Herzinfarkt und Diabetes.
Die Krankheiten, die im Erwachsenenalter in Verbindung mit den Kindheitstraumata auftreten können, seien eine schwere Belastung für die Betroffenen und die Gesellschaft. Daher sei es wichtig, Kindheitstraumata frühzeitig zu erkennen und gezielte Therapien sowie Präventionsmaßnahmen anzubieten, betonen die Studienautor*innen.
Kommentar: der Zusammenhang zwischen Traumata und der Entstehung vielfältiger chronischer Beschwerden ist homöopathischen Therapeut*innen schon lange bekannt. Die hier nun vorliegende Untersuchung stützt vor allem die praktischen Erfahrungen und belegt mögliche Zusammenhänge.
Originalpublikation
Klinger-König J, Erhardt A, Streit F, et al. Childhood trauma and somatic and mental illness in adulthood—findings of the NAKO health study. Deutsches Ärzteblatt international. 2024. http://doi.org/10.3238/arztebl.m2023.0225
Quelle: Universitätsmedizin Greifswald