Rheuma: Einnahme von Kortison plus Magenschutz kann Knochendichte verringern
Rheuma: Einnahme von Kortison plus Magenschutz kann Knochendichte verringern
Rheuma: Einnahme von Kortison plus Magenschutz kann Knochendichte verringern
Fotolia #182021907 ©chompoo
Protonenpumpenhemmer (PPI) gehören zu den am häufigsten genutzten Medikamenten überhaupt. Auch Rheuma-Patient*innen bekommen sie oft verschrieben, um Magenproblemen vorbeugen, die durch die Einnahme von bestimmten entzündungshemmenden Arzneimitteln entstehen können. Doch diese Praxis könnte negative Folgen für die Knochengesundheit haben: Die Einnahme von PPI, insbesondere bei gleichzeitiger Einnahme von Kortison, geht mit einem erhöhten Risiko für Osteoporose einher.
Rund 3,8 Milliarden Tagesdosen Protonenpumpenhemmer verschrieben Ärzt*innen in Deutschland im Jahr 2022 laut aktuellem Arzneiverordnungs-Report. PPI wie Pantoprazol oder Omeprazol hemmen die Produktion von Magensäure und sind vor allem für die Therapie von Magengeschwüren oder -blutungen gedacht, werden aber auch vorbeugend eingesetzt. Viele Patient*innen mit rheumatoider Arthritis bekommen unter bestimmten Bedingungen PPI bei einer Therapie mit Glukokortikoiden („Kortison“) verschrieben, um zu verhindern, dass die Magenschleimhaut sich entzündet. Manche nehmen PPI auch ohne ärztliche Rücksprache bei Sodbrennen oder anderen Magenbeschwerden ein. Man kann sie bis zu einer bestimmten Dosis rezeptfrei in der Apotheke bekommen.
Dabei ist aus Studien zu verschiedenen Erkrankungen bekannt, dass die Einnahme von PPI die Entwicklung von Knochenschwund (Osteoporose) begünstigt. Zusätzlich kann das in der Rheumatologie oft gleichzeitig genutzte Kortison den Knochen schwächen. Wissenschaftler an der Charité haben sich deshalb gefragt, ob PPI auch bei Rheuma-Patientinnen und -Patienten das Osteoporoserisiko nochmals erhöhen.
Analyse der Knochenmineraldichte von 1.500 Patient*innen
Um dies herauszufinden untersuchten sie mit Kolleg*innen aus den USA und aus Dänemark die Knochengesundheit von rund 1.500 Patient*innen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Etwa die Hälfte nahm täglich Protonenpumpenhemmer ein. Analysiert wurden die Knochenmineraldichte und die Knochen-Mikroarchitektur. Ist die Knochendichte erniedrigt oder lassen sich Veränderungen in der Mikroarchitektur finden, weist das auf Osteoporose hin.Tatsächlich war die Knochendichte bei Patient*innen, die PPI nahmen, signifikant niedriger als bei solchen, die keine PPI nahmen. Dieser Zusammenhang blieb auch bestehen, wenn Einflussfaktoren wie Alter oder Nikotinkonsum statistisch berücksichtigt und eliminiert wurden. Besonders ausgeprägt war der Effekt, wenn Patient*innen PPI zusammen mit Kortison-Präparaten in einer täglichen Dosis von mindestens 7,5 mg einnahmen. Die Knochen-Mikroarchitektur hingegen war nicht relevant beeinträchtigt. Ihre Ergebnisse würden darauf hindeuten, dass PPI bei Patient*innen mit rheumatoider Arthritis zu einem Verlust an Knochenmineraldichte führen. Hieraus könne man grob schätzen, dass das Risiko für einen Wirbelbruch um etwa 25 Prozent steigt.
Gründe für die Verschreibung von Magenschutz genau prüfen
Die Autor*innen der Studie sehen nun ihre ärztlichen Kolleg*innen in der Pflicht: „Ärztinnen und Ärzte sollten die Gründe für eine PPI-Verordnung sorgfältig prüfen und Nutzen und mögliche Risiken mit den Patientinnen und Patienten besprechen – insbesondere wenn gleichzeitig Kortison verschrieben wird“, schlussfolgern sie. Berechtigte Gründe für eine Verordnung von PPI sind beispielsweise Risikofaktoren, die die Entwicklung eines Magengeschwürs begünstigen. Zu diesen Risikofaktoren gehört zum Beispiel die gleichzeitige Einnahme von Kortison und nichtsteroidalen Rheumamitteln wie Ibuprofen, Diclofenac oder auch Aspirin. Wer hingegen allein Kortison einnimmt und keine weiteren Risikofaktoren aufweist, benötige eher keinen Magenschutz – so die Maßgabe der ärztlichen Leitlinie „Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität“.Ist eine gleichzeitige Einnahme unvermeidbar, können Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D und Kalzium den Knochenerhalt unterstützen. Bei geplanter längerfristiger Kortison-Therapie sind möglicherweise regelmäßige Knochendichtemessungen und gegebenenfalls eine gezielte medikamentöse Osteoporosetherapie notwendig. Welche Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll sind, sollten Patient*innen und Ärzt*innen gemeinsam besprechen.
Originalpublikation
Palmowski A et al. Proton Pump Inhibitor Use and Bone Health in Patients With Rheumatic Diseases: A Cross-Sectional Study. Mayo Clinic Proceedings, May 16 2024. doi:10.1016/j.mayocp.2023.12.008Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin