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Chemotherapie: Training verhindert Nervenschäden

Chemotherapie: Training verhindert Nervenschäden Chemotherapie: Training verhindert Nervenschäden AdobeStock #291480615 ©Yakobchuk Olena
Krebstherapien lösen oft Nervenschädigungen aus, die bei einem Teil der Betroffenen zu bleibenden Beschwerden führen. Medikamente sind dagegen wirkungslos. Sportwissenschaftler*innen zeigen nun, dass ein einfaches Training Nervenschäden vorbeugen kann. Für die Praxis ist dies ein wichtiger Hinweis, weil Betroffenen so u.a. das Erleben von Selbstwirksamkeit ermöglicht werden kann.


Therapien gegen Krebs sind in den vergangenen Jahren immer effizienter geworden. Damit geht es nicht mehr allein ums blanke Überleben: Die Lebensqualität nach der Heilung gewinnt an Bedeutung.

Viele Krebsmedikamente, von der Chemotherapie bis zu modernen Immuntherapien, greifen neben den Tumorzellen leider auch die Nerven an. Bei manchen Therapien, etwa mit Oxaliplatin oder Vinca-Alkaloiden, treten bei 70 bis 90 Prozent der Behandelten Beschwerden wie Schmerzen, Gleichgewichtsstörungen, Taubheitsgefühle, Brennen oder Kribbeln auf. Diese Symptome können sehr belastend sein. Bei etwa der Hälfte der Betroffenen verschwinden sie nach der Krebstherapie wieder, bei der anderen Hälfte bleiben sie jedoch bestehen. Fachleute sprechen von Chemotherapie-induzierter peripherer Neuropathie, kurz CIPN.

Ein Forschungsteam um die Sportwissenschaftlerin Dr. Fiona Streckmann von der Universität Basel und der Deutschen Sporthochschule Köln zeigt nun, dass ein spezifisches Training begleitend zur Krebstherapie den Nervenschäden in vielen Fällen vorbeugen kann.


Trainieren parallel zur Chemo

Die Studie umfasste 158 Krebspatientinnen und -patienten, die eine Therapie mit den Zytostatika Oxaliplatin oder Vinca-Alkaloiden erhielten. Die Forschenden teilten sie per Zufallsprinzip in drei Gruppen ein: Eine Kontrollgruppe erhielt nur die Standardbetreuung. Zwei weitere Gruppen absolvierten während der Dauer der Chemotherapie zweimal die Woche Trainingseinheiten von 15 bis 30 Minuten. Die eine Trainingsgruppe führte Übungen durch, bei denen der Fokus vor allem auf Gleichgewichtsübungen auf zunehmend instabilem Untergrund lag. Die andere trainierte auf einer Vibrationsplatte.

Regelmäßige Untersuchungen während der fünf folgenden Jahre zeigten, dass in der Kontrollgruppe etwa doppelt so viele Teilnehmende eine Chemotherapie-induzierte periphere Neuropathie entwickelten wie in den beiden Trainingsgruppen. Anders ausgedrückt: Das begleitende Training während der Chemotherapie konnte das Auftreten von Nervenschäden um 50 bis 70 Prozent reduzieren. Zudem erhöhte es die subjektiv empfundene Lebensqualität, machte ungünstige Reduktionen der Krebsmedikamentendosis weniger notwendig und verringerte die Sterblichkeit bis zu fünf Jahre nach der Chemotherapie.

Am meisten profitierten die Teilnehmenden vom sensomotorischen Training, also dem Gleichgewichtstraining auf instabilem Untergrund.


Wirkungslose Medikamente

Es werde seit Jahren viel Geld investiert, um das Auftreten von CIPN zu reduzieren, erklären die Studienautor*innen. Diese Nebenwirkung hätten einen direkten Einfluss auf die klinische Behandlung, etwa weil die eigentlich notwendigen Zyklen der Chemotherapie nicht mehr eingehalten werden, die Dosis der Krebsmedikamente reduziert oder die Therapie ganz abgebrochen werden müssten.

Trotz dieser Investitionen gibt es bisher keine wirksame pharmakologische Behandlung: Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Medikamente die Nervenschäden weder verhindern noch rückgängig machen können. Dennoch werden jüngsten Schätzungen zufolge in den USA 17.000 Dollar pro Patient und Jahr ausgegeben, um Chemotherapie-bedingte Nervenschäden zu behandeln. Ärztinnen und Ärzte würden trotz allem Medikamente verschrieben, weil der Leidensdruck der Patientinnen und Patienten so groß sei, vermuten die Forschenden.

(Anm.:Was natürlich nicht untersucht wurde, ist der mögliche positive Einfluss einer individualisierten homöopathischen Behandlung. Aus den Reihen der Kolleg*innen werden immer wieder erfreuliche Erfahrungen berichtet, so dass sich im Einzelfall ein solcher Therapieversuch, ggf. in Verbindung mit einem spezifischen Training, sicher anbietet.)

Im Gegensatz dazu lasse sich der positive Effekt des Trainings belegen und diese Behandlung sei im Vergleich sehr kostengünstig, betonen die Sportwissenschaftler*innen.

Eine wichtige Rolle bei der Krankheitsbewältigung spielt auch das Erleben der Patient*innen, selbst etwas tun zu können, um das eigene Wohlbefinden und Lebensgefühl positiv zu beeinflussen. Das hier aufgezeigte Training ist auch in diesem Sinne einzuordnen, weil die Betroffenen selber aktiv werden und eine gewisse Selbstwirksamkeit erleben können.


Originalpublikation

Fiona Streckmann et al. Prevention of chemotherapy-induced neuropathy with specific exercises concomitant to therapy – a multi-centre, randomized, controlled trial (STOP). JAMA Internal Medicine 2024, doi: 10.1001/jamainternmed.2024.2354

Quelle: Universität Basel
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