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Wie Infekte unser soziales Mitgefühl beeinflussen

Wie Infekte unser soziales Mitgefühl beeinflussen Wie Infekte unser soziales Mitgefühl beeinflussen AdobeStock #122799481 ©drubig-photo
Forschende haben Einblicke gewonnen, wie sich ein akutes Krankheitsgefühl auf das Einfühlungsvermögen auswirkt. Ihre Studie belegt komplexe Beziehungen zwischen den beiden Faktoren.


Wenn Menschen krank sind, empfinden sie weniger Empathie für andere, als im gesunden Zustand. Das zeigt eine Studie der Ruhr-Universität Bochum und der Universität Duisburg-Essen. Die Forschenden untersuchten das sogenannte Sickness Behavior, einen Prozess, bei dem der Körper seine biologischen Prioritäten im Rahmen eines akuten Infekts neu ordnet. Er wurde bisher hauptsächlich in Zusammenhang mit sozialem Rückzug und sozialer Entfremdung erforscht. Aber wie beeinflusst Krankheit unser Einfühlungsvermögen, unsere Empathie? Die aktuelle Studie wirft ein neues Licht auf die Zusammenhänge zwischen Infekten mit Entzündungen im Körper und der Fähigkeit, den Schmerz anderer mitzufühlen.


Provozierter Infekt durch Gabe von bakteriellem Endotoxin

Experimentell können die verschiedenen Facetten des Sickness Behavior durch die Gabe von bakteriellem Endotoxin, kurz LPS für Lipopolysaccharid, ausgelöst werden. Genau diesen Mechanismus machten sich die Forschenden zu Nutze. Sie verabreichten 52 freiwilligen weiblichen Testpersonen eine niedrige Dosis LPS oder – als Placebo – eine Injektion von Kochsalzlösung. Im Anschluss wurden die Frauen gebeten, verschiedene soziale Interaktionen zu bewerten. Dazu wurden ihnen Bilder von Frauen gezeigt, die entweder körperlichen oder psychischen Schmerzen ausgesetzt oder in einer emotional neutralen Interaktion mit einem männlichen Gegenüber zu sehen waren.

Die Ergebnisse waren für die Forschenden überraschend. Während das Mitgefühl für körperlichen Schmerz bei der LPS- und der Placebo-Gruppe weitgehend gleich war, zeigte sich hingegen für psychischen Schmerz bei den Probandinnen unter LPS-Einwirkung eine signifikant verringerte Empathie. Akute Entzündungen führten in der Studie somit dazu, dass Menschen den psychischen Schmerz anderer weniger mitfühlten.


Ergebnisse mit gesellschaftspolitischer Relevanz

Die Wissenschaftler*innen vermuten, dass die verringerte Empathie dazu dient, im Krankheitsfall Energie im Hinblick auf soziales Engagement zu sparen. Die Erkenntnisse der Studie würden darauf hindeuten, dass Entzündungen – wie beispielsweise bei körperlichen Infekten – sowohl unsere körperliche Gesundheit als auch unsere zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflussen. Das Thema sei gerade vor dem Hintergrund der abgelaufenen Pandemie von allgemeinem Interesse.

Und ein weiterer Aspekt hat das Forschungsinteresse des interuniversitären Teams geweckt. Bisherige Studien haben gezeigt, dass Individuen mit ansteckenden Krankheiten von Mitgliedern der sozialen Gruppe gemieden, manchmal aber auch umsorgt werden. Dieses Verhalten zeigt sich vermutlich in Abhängigkeit vom Verwandtschaftsgrad. Interessant sei zu untersuchen, wie Bindung und Vertrautheit die Empathie für Schmerzen beeinflussen.

Noch handelt sich es um eine kleine Studie und die Ergebnisse müssen in weiteren Studien überprüft werden. Trotzdem handelt es sich um einen interessanten Ansatz, den es sicher lohnt, weiterzuverfolgen.


Originalpublikation

Flasbeck V, Dersch N, Engler H, Schedlowski M, Brüne M. Acute Experimental Inflammation in Healthy Women Attenuates Empathy for Psychological Pain. Brain, Behavior, and Immunity 2024, 119: 1–5. DOI: 10.1016/j.bbi.2024.03.032

Quelle: Ruhr-Universität Bochum
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