Wie Sepsis Gefäßmuskelzellen akut und langfristig beeinträchtigen kann
Wie Sepsis Gefäßmuskelzellen akut und langfristig beeinträchtigen kann
Wie Sepsis Gefäßmuskelzellen akut und langfristig beeinträchtigen kann
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Wie die Funktion von Muskelzellen der Blutgefäße durch eine Sepsis gestört werden kann, zeigt eine aktuelle Studie. Die Forschenden demonstrieren, dass erhöhte Laktatwerte und eine Übersäuerung, wie sie akut bei einer Sepsis durch einen entgleisten Stoffwechsel auftreten können, erst im Zusammenspiel schädlich auf die Gefäßmuskelzellen wirken. Die Studie liefert zudem eine Erklärung für die langanhaltenden Beeinträchtigungen von Sepsis-Überlebenden.
Sepsis ist häufiger als Schlaganfall, Brust- oder Darmkrebs. Einer Sepsis geht immer eine Infektion mit Bakterien, Viren oder Pilze voraus. Die Erreger und körpereigene Entzündungsbotenstoffe überschwemmen den Organismus und schädigen lebenswichtige Organe. Die fehlregulierte Immunreaktion ist gekennzeichnet durch eine Gefäßerweiterung sowie einen verringerten Gefäßwiderstand im gesamten Körper und daraus resultierenden Durchblutungsstörungen, die häufig zu Versagen eines oder mehrerer Organe führt. Selbst bei intensivmedizinischer Betreuung führt eine Sepsis in 30 bis 50 Prozent aller Fälle zum Tod. Bei Eintreten eines septischen Schocks wurde in einigen Studien auch eine Sterblichkeit von mehr als 50 Prozent berichtet.
Die Behandlung von Sepsis stellt Kliniken weltweit vor große Herausforderungen: Eine frühzeitige Diagnosestellung ist entscheidend, da schwere Verläufe sich nur begrenzt behandeln lassen. Bei der Sepsis spielen Durchblutungsstörungen eine entscheidende Rolle. Die Mechanismen dahinter sind bisher aber kaum aufgeklärt. Bekannt ist, dass es bei einer Sepsis zu Veränderungen im Stoffwechsel kommen kann: Bei rund zwei Drittel aller Betroffenen treten stark erhöhte Laktatwerte auf, bei gleichzeitiger Übersäuerung (Azidose) – also ein niedriger Blut-pH-Wert.
In der aktuellen Studie haben die Forschenden die Effekte von Laktat, einer reinen Azidose und der Kombination, der sogenannten Laktatazidose, auf Gefäßmuskelzellen der Blutgefäße untersucht. Letztere ist in der Klinik mit einer schlechten Überlebenschance verbunden. Für die Untersuchungen nutzte das Forschungsteam isolierte Gefäßmuskelzellen der Hauptschlagader, die im Labor vermehrt wurden. Sie behandelten diese für 48 Stunden entweder mit Laktat bei normalem pH-Wert oder nur mit Säure ohne Laktat sowie in Kombination (Laktatazidose).
Ermüdung und Versteifung von Blutgefäßzellen durch Laktatazidose
Es zeigte sich, dass Laktat bei normalem pH-Wert nahezu keine relevanten Veränderungen in den Gefäßmuskelzellen hervorrufen kann. Eine Azidose ohne Laktat ließ einen Effekt auf genetischer Ebene erkennen: Fast 500 Gene wurden unter sauren Bedingungen anders ausgeprägt. Allerdings waren die untersuchten Gefäßmuskelzellen in der Lage, nachteilige Auswirkungen auf ihre Funktion weitestgehend auszugleichen.Erst die Kombination von Laktat und sauren Bedingungen, also eine Laktatazidose, führte zu umfassenden Veränderungen auf genetischer Ebene, im Energiestoffwechsel und der Zellstruktur. Rund 1.500 Gene zeigten eine veränderte Expression, die mit dem Stoffwechsel und dem Erscheinungsbild der Zellen zusammenhängen. Unter anderem kommt es zur Hemmung verschiedener Prozesse im Energiehaushalt, die nicht mehr abgefedert werden können. Zudem konnten die Wissenschaftler*innen einen Umbau der Gefäßmuskelzellen durch Mineralisierung nachweisen.
In der Summe deuten diese Effekte darauf hin, dass Blutgefäße während einer Sepsis durch Umstrukturierung teilweise ihre Funktion verlieren und versteifen. Das schränkt die Durchblutung womöglich nicht nur kurz-, sondern auch langfristig ein. Diese nachhaltige Beeinträchtigung könnte auch eine Erklärung für die anhaltenden körperlichen und kognitiven Beschwerden von Patient*innen nach überstandener Sepsis liefern, so die Autor*innen der Studie.
Zukünftig wollen die Forschenden weitere Gefäßzell-Typen in ihre Analysen einschließen und zusätzlich untersuchen, ob die Normalisierung der Blutwerte nach einer Sepsis wiederholten Stress für die Zellen verursacht. Ein besseres Verständnis der Mechanismen dahinter könnte neue Marker offenbaren, die die Schwere einer akuten Sepsis frühzeitig anzeigen und somit die Reaktionszeit in der Klinik verkürzen. Denn bei der intensivmedizinischen Behandlung einer Sepsis und eines septischen Schocks zählt jede Minute. Und wenn es gelingt, Langzeiteffekte auf molekularer Ebene aufzudecken, könnten diese bei Überlebenden eventuell gezielt mit neuen Ansätzen therapiert werden“, so die Autor*innen.
Für Homöopath*innen, die nach Ansätzen der Semiotik, der Organotropie oder auch nach C.M. Boger arbeiten, könnten die hier beschriebenen Aspekte durchaus interessant sein und eine Rolle für die Wahl eines passendes Arzneimittels spielen.
Originalpublikation
Terpe P, Ruhs S, Dubourg V, Bucher M, Gekle M. The synergism of cytosolic acidosis and reduced NAD /NADH ratio is responsible for lactic acidosis-induced vascular smooth muscle cell impairment in sepsis. J Biomed Sci. 2024 Jan 9; 31(1): 3.
Quelle: Universitätsmedizin Halle