Jetzt besiegelt: Das Ende für die Homöopathie im Torgauer Hahnemannhaus
Jetzt besiegelt: Das Ende für die Homöopathie im Torgauer Hahnemannhaus

Wir haben bereits über den Überlebenskampf des Hahnemannzentrums im Torgauer Hahnemannhaus berichtet. Nun ist es entschieden: Das Internationale Hahnemannzentrum Torgau e. V. hat den Kampf leider verloren. Trotz großer Unterstützung durch die internationale Homöopathiegemeinde konnte das Haus für die Homöopathie nicht gerettet werden. Wir baten Carola Scheuren, 1. Vorsitzende des Internationalen Hahnemannzentrum Torgau e.V., die Vorgänge für Sie noch einmal transparent darzustellen.
Das Ende vorweg: Am 11. Mai 2016 hat der Torgauer Stadtrat für die Nutzung des Hahnemannhauses durch den ortsansässigen Kunst- und Kulturverein „Johann Kentmann“ gestimmt. Das Internationale Hahnemannzentrum muss deshalb das ehemalige Wohnhaus von Samuel Hahnemann zum 30.6.2016 verlassen.
Eine große Homöopathiegemeinschaft ist enttäuscht. Was ist passiert?
Nach Bekanntgabe der Liquidation des Homöopathiekollegs, das zuvor den Sitz im Hahnemannhaus hatte, gründete sich im Sommer 2014 unser Verein mit dem Wohlwollen der Stadt Torgau. Ziel des Vereins war, das Hahnemannhaus weiterhin einer großen Öffentlichkeit zugänglich zu lassen sowie diese Perle der Homöopathiegeschichte zu erhalten und zu schätzen. Der internationale Tourismus der Homöopathen sollte weiterhin an die Quelle der Homöopathie reisen können.
Ein Problem: Der fehlende Nutzungsvertrag
Wir sind kein Rechtsnachfolger des scheidenden Vereins, daher brauchten wir einen neuen Nutzungsvertrag. Die Unterzeichnung eines gültigen Nutzungsvertrages wurde jedoch immer wieder verschoben. Die Liquidation des Kollegs lief noch und es galt noch dessen Nutzungsvertrag. In all dieser Zeit war das Internationale Hahnemannzentrum Torgau e.V. im Haus lediglich geduldet. Erst musste unser Verein seine Gemeinnützigkeit beim Amtsgericht eingetragen lassen, dann wollte der Eigentümer (die Stadt Torgau) die Räumlichkeiten für einen Workshop und eine befristete Ausstellung zum Thema „Martin Luther und seine Fürsten“ in den Sommermonaten 2015 nutzen. Wir haben Dank Spenden und großartiger finanzieller Unterstützung, u.a. auch vom VKHD, dafür gesorgt, dass das Hahnemannhaus erstmal weiterhin regelmäßige tägliche Öffnungszeiten hatte. Außerdem haben wir die Ausstellung erweitert, das Haus gepflegt und den Denkmalschutz berücksichtigt. Auf internationaler Ebene haben wir für das Haus geworben und weiterhin auf einen neuen Nutzungsvertrag gewartet.
Die Verhandlungen des Nutzungsvertrags wurden dann im Dezember 2014 seitens der Stadt Torgau auf August 2015 verschoben. Noch war auch die Liquidation nicht abgeschlossen. Im Sommer 2015 fanden Oberbürgermeisterwahlen statt und es bildete sich eine neue regierende Spitze. Die neue Oberbürgermeisterin ist der Meinung, ein Hahnemannzentrum werde nicht benötigt und sieht nicht die große Bedeutung des Torgauer Hauses für die Homöopathie. Wir bekamen trotzdem die Möglichkeit, unser Konzept vorzustellen.
Kunst gegen Homöopathie
Der ortsansässige Kunst- und Kulturverein hatte sich ebenfalls um die Nutzung des repräsentativen Hahnemannhauses beworben. Unser Konzept basierte darauf, eine Internationalität herzustellen und das Torgauer Hahnemannhaus mit seiner Ausstellung zu einem Pilgerort der Homöopathie zu machen. Der Torgauer Tourismus sollte durch die Homöopathie belebt werden und das Hahnemannhaus mit seinem medizinhistorischen Hintergrund in den Torgauer Museumspfad eingebunden werden. Die Stadtverwaltung war skeptisch. Der Kunstverein ist regional sehr präsent, also der „Spatz in der Hand“.
Immer wieder das „liebe Geld“
Die Wirtschaftlichkeit des Hahnemannhauses war für den Stadthaushalt wichtig und die hohen Kosten für Nutzung und Energie konnte unser gemeinnütziger Verein zu dieser Zeit nicht in kompletter Höhe aufbringen. Da jedoch die Deckung der Kosten ein wichtiges Argument war, haben wir durch einen weltweiten Aufruf via Facebook die homöopathische Gemeinschaft befragt, wer bereit sei, sich finanziell an den Nutzungsgebühren zu beteiligen, wenn die Homöopathen damit im Haus bleiben können. Unsere Idee war, wenn jeder Homöopath eine kleine Summe spendet, dann sind die Kosten kein Problem mehr. Die Beteiligung hat uns überwältigt, aber für die Stadt waren es nur 6.000 virtuelle Klicks. Nach einem Aufruf für reale Spenden ist es unserer großen Community gelungen, einen großen Spendenbetrag zu generieren, welcher die Kosten gut deckt.
Leider vergebens! Die Stadt wollte den regional aktiven Kunst- und Kulturverein, der seit 70 Jahren in Torgau ansässig ist. Wir hatten es nicht geschafft, das Vertrauen der Entscheidungsebene in Torgau zu gewinnen, auch nicht mit Kostendeckung. Die „Hahnemänner“ hatten durch Freistellung der Kosten den Eigentümer, also die Stadtkasse, ab 2012 belastet. Unser Verein bekam am 31.3.2016 die Kündigung zugestellt. Durch die Presse haben wir den Bürgern der Stadt mitgeteilt, dass wir die kompletten Kosten durch Spendengelder aufbringen können und jährlich zu Hahnemanns Geburtstag wieder gespendet wird.
Einen weiteren Versuch, die Stadt umzustimmen, unternahmen wir am 261. Geburtstag Hahnemanns. Unsere indischen Freunde reisten anlässlich Hahnemanns Geburtstags an und verlasen ein Memorandum an die Oberbürgermeisterin mit der Bitte, das Haus in den Händen von Homöopathen zu belassen - der DZVHÄ sicherte öffentlich Unterstützung zu. Andreas Jung, in Gestalt von Hahnemann, bat die Stadt auf der Geburtstagsfeier im Rathaussaal, ihre Entscheidung zu überdenken. Vereinzelt sprachen sich Stadträte öffentlich für uns in der Presse aus. Ulrike Fröhlich, Ärztin und Vorstand der Hahnemanngesellschaft, berichtete dem Stadtrat von Ungereimtheiten in der Finanzierung und im Konzept des Kunst- und Kulturvereins. Doch leider war die Entscheidungsebene nicht dazu zu bewegen, den Beschluss zu überdenken.
Die Suche nach Alternativen
Einige Torgauer haben uns bereits Räumlichkeiten angeboten, damit wir mit der Ausstellung umziehen könnten, um damit weiterhin Präsenz in Torgau zu zeigen. Außer in der Homöopathiegemeinde hatten wir auch seitens der Torgauer Bevölkerung viel Unterstützung in unseren Bemühungen um das Hahnemannhaus. Jetzt sammeln wir Ideen ob und wenn ja, welche Chancen sich uns für die Zukunft eröffnen. Mitte Juni wird es ein Treffen geben, bei dem hoffentlich viele Ideen ausgetauscht werden. Mitglieder des VKHDs sind herzlich eingeladen. Vielleicht entsteht aus den aufreibenden letzten Monaten eine große Chance. Vielleicht. Vielleicht fällt Torgau auch in Sachen Homöopathie in einen Dornröschenschlaf.
Wir überlegen noch, welcher Weg der Beste sein wird. Sowohl in Meißen wie auch in Köthen gibt es Homöopathiezentren oder Ausstellungen unabhängig von Wohn- oder Geburtshaus Samuel Hahnemanns. Das wäre vielleicht auch ein Weg für Torgau, den aber ein vergrößertes, starkes Team gehen sollte. Wer an einem Neuaufbau interessiert ist, Spaß an Ausstellungsentwicklung und Mut für einen Neuanfang hat, ist herzlich willkommen, auf unserer Mitgliederversammlung am 18.6. in Torgau Mitglied eines verstärkten Teams zu werden. Wer Ideen hat, darf sie gerne mit uns teilen. Wenn wir etwas bewegen wollen, dann brauchen wir Unterstützung!
Es wird sicherlich nicht wieder 200 Jahre dauern, bis die Homöopathie in Torgau einziehen wird. Welchen Weg sehen die Mitglieder des VKHD?
Mit lieben Grüßen und einem herzlichen Dank für die großartige ideelle und finanzielle Unterstützung an den VKHD und seine Mitglieder.
Carola Scheuren
1. Vorsitzende des Internationalen Hahnemannzentrum Torgau e.V.