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Neulich im bayerischen Landtag – Bonmots aus der Homöopathie-Debatte und einige überraschende Bemerkungen

Stefan Reis

Vorgeschichte

Wie mittlerweile (fast) allgemein bekannt sein dürfte, fand am 25. September 2019 die 27. Sitzung des Landtags in Bayern statt, zu der die Fraktion der FDP einen "Dringlichkeitsantrag" mit dem Titel "Keine Homöopathie als Kassenleistung" eingereicht hatte. Dieser Antrag wurde lebhaft diskutiert. Das Ergebnis, der WELT zufolge: "Der Antrag stieß bei allen Fraktionen auf Ablehnung."

Als besonders beeindruckend war uns die Rede des Abgeordneten Holetschek (CSU) aufgefallen, die dieser auf seinem Facebook-Account selbst publizierte und die wir über unsere Facebook-Seite teilten.

Vorausgegangen war dieser Rede zunächst einmal die eines FDP-Abgeordneten zum Antrag selbst, gefolgt wurde sie von weiteren Einlassungen anderer Abgeordneter. Mittlerweile liegt das (vorläufige) Protokoll der Debatte vor und einige Bemerkungen daraus verdienen es, auf die große Bühne (ich meine damit unseren Blog) gehoben zu werden. Als Ergebnis wurde der Antrag der FDP zwar, wie zu erwarten war, von allen anderen Fraktionen abgelehnt; allerdings durchaus nicht nur, weil deren Vertreter*innen von der Homöopathie überzeugt sind. Aber lesen Sie selbst:


Klaus Holetschek (CSU): Es ist schon erstaunlich, was wir hier alles als Dringlichkeitsantrag behandeln. Unser Gesundheitswesen hat sicher viele Fragestellungen. Über eine haben wir gerade diskutiert, das ist die Pflege. Ärztemangel, Krankenhäuser – es gibt viele Dinge, mit den wir uns zu Recht beschäftigen. Wenn aber die Abschaffung der Homöopathie Gegenstand eines Dringlichkeitsantrages ist, dann wundert mich das schon.
[…] Wie immer kann man der FDP den Vorwurf nicht ersparen, dass sie ein Stück weit Klientelpolitik macht.

[Auf Nachfrage des Kollegen Dr. Spitzer von der FDP erweist sich Holetschek als erfreulich sattelfest:]


Klaus Holetschek (CSU): Laut des Homeopathy Research Institute in London gibt es Evidenzstudien Level C, welche die Wirksamkeit der Homöopathie bei bestimmten Indikationen nachweisen. Dazu zählen Fibromyalgie, Mittelohrentzündungen und andere Erkrankungen. Hierzu gibt es randomisierte kontrollierte Studien. Bis zum Ende des Jahres 2014 wurden 189 RCTs zur Homöopathie bei hundert verschiedenen Erkrankungen in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Ich könnte das jetzt noch fortführen. […] Sie sind Allgemeinarzt und kommen aus dem Allgäu. Das spricht eigentlich grundsätzlich dafür, dass Sie ein vernünftiger Mensch sind.


Christina Haubrich (Grüne): Legen wir zunächst einmal die so emotional geführte Debatte um die Homöopathie beiseite. Schauen wir uns an, was die FDP fordert. Die FDP will in ein System eingreifen, mit dem die Politik sehr sensibel umgehen sollte. Die Politik sollte sich dabei zurückhalten, Menschen vorzugeben, von was sie sich helfen lassen oder von was sie sich Hilfe versprechen wollen.


Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER): Während der Zeit, in der Sie im Bund mitregiert und den zuständigen Bundesminister gestellt haben, hätten Sie doch genug Zeit gehabt, eine entsprechende Änderung herbeizuführen. Die Geburtsstunde der Homöopathie war immerhin schon 1796. Sie haben aus guten Gründen auf diese Änderung verzichtet. Ich begründe jetzt, warum das die richtige Entscheidung war.
Seit über 200 Jahren machen die Menschen gute Erfahrungen mit der Homöopathie. Immer wieder suchen erkrankte oder aus anderen Gründen hilfesuchende Menschen Zuspruch in der Homöopathie. Sie finden dort eine Linderung ihrer Beschwerden, manchmal auch die Genesung. Das sollte man nicht wegdiskutieren; denn das sind einfach Fakten.
Als Sie von der FDP an der Bundesregierung beteiligt waren, haben Sie immer wieder gesagt: Wettbewerb! Wettbewerb! Wettbewerb! – Wir waren uns auch damals nie einig, wie weit der Wettbewerb gehen soll. Im vorliegenden Fall finden Sie Wettbewerb vor; aber Sie stellen sich hierhin und fordern, dieser solle zwischen den Krankenkassen nicht gelten bzw. beseitigt werden. Diese Argumentation ist nicht schlüssig und nicht klar, sondern widersprüchlich.


Ruth Waldmann (SPD): Klar ist, dass es nicht die Globuli sind, die wirken; das kann man nachweisen. Es kann aber auch über den Nutzen vieler anderer Medikamente debattiert werden, ebenso über viele klassische Behandlungskonzepte, darüber, ob jede Operation wirklich nötig ist.


Zweiter Vizepräsident Thomas Gehring: […] wir kommen nun zur Abstimmung. Wer […] dem Antrag der FDP-Fraktion seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FDP-Fraktion sowie einige Abgeordneten der GRÜNEN. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. – Das ist eine Stimme bei den GRÜNEN, ein Teil der SPD-Fraktion, die FREIEN WÄHLER, die CSU-Fraktion und die AfD-Fraktion. Ich bitte, Stimmenthaltungen anzuzeigen. – Das ist der Rest der GRÜNEN-Fraktion und eine Stimme der SPD.

Zu guter Letzt noch dieser spontane Zuruf einer Abgeordneten, während der Rede des Dr. Spitzer (FDP):


Tanja Schorer-Dremel (CSU): Ich habe drei Kinder mit Homöopathie großgezogen, die sind alle pumperlgsund! Und sie sind alle drei geimpft!

Das (vorläufige) Protokoll der 27. Sitzung des bayerischen Landtags findet sich hier.

Alle Redebeiträge sind einzeln hier verlinkt.

 

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